Im ersten Teil dieses Beitrags habe ich argumentiert, dass der Verbindungsbahnentlastungstunnel in seiner jetztigen Form eine teure, im Verhältnis zu Aufwand und Kosten aber dennoch schlechte Lösung sowohl für den Hamburger ÖPNV als auch für den Fern- und Regionalverkehr ist. Im Wesentlichen lässt sich die Kritik auf zwei Punkte zusammenfassen:

  1. Der Verbindungsbahnentlastungstunnel in seiner jetztigen Form wird die Verkehrswende in Hamburg für mindestens ein Jahrzehnt verhindern, da er das ÖPNV-Netz und dessen Ausbau an mehreren sensiblen Stellen lähmt.
  2. Auch für den Fern- und Regionalverkehr ist er kein großer Wurf, da er den neuralgischen Punkt des Bahnknotens Hamburg – den bereits heute völlig überlasteten Hauptbahnhof – nur noch weiter belastet, statt für eine Entlastung zu sorgen. Problem sind nicht unbedingt die Züge, sondern die prognostizierten Fahrgaststeigerungen auf durchschnittlich über 750.000 Menschen täglich. Für deren Bewältigung gibt es keine Lösung und kann es möglicherweise bei den begrenzen Platzverhältnissen auch nicht geben.

Trotz des immensen Aufwands und der hohen Kosten des Verbindungsbahnentlastungstunnels bietet er meiner Meinung nach also keine zukunftsfähige Lösung für den Bahnknoten Hamburg der nächsten 100 Jahre. Als genau das wird er aber von Politik und Bahn verkauft (wie ich auch bereits im ersten Teil näher erläuterte).

Hier zum ersten Teil des Beitrags: Warum der Verbindungsbahnentlastungstunnel keine gute Idee ist.

Der Öffentlichkeit ist bei dem ganzen Prozess auch nie erklärt worden, warum eigentlich genau diese Lösung des S-Bahn-Tunnels mit so großer Vehemenz vorangetrieben wird. Alternativen wurden nie ernsthaft geprüft oder diskutiert. Es gab lediglich ein Kurzgutachten, bei dem ein Fernbahntunnel zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich mit zwingendem unterirdischen Bahnhöfen am Dammtor und Hauptbahnhof aufgrund der angesetzten güterzugfähigen maximalen Längsneigungen geprüft wurde. Dass das extrem schwierig ist, liegt auf der Hand, und so wurde das Kurzgutachten mit 14 Seiten wirklich kurz (im Vergleich zu den fast 400 Seiten des Erläuterungsberichts des S-Bahn-Tunnels, zuzüglich aller Anhänge, Lagepläne usw.).

Warum aber wurden nie ernsthaft andere Alternativen geprüft oder zumindest erklärt, warum dies nicht geschah? Oder falls sie geprüft wurden, warum wird die Öffentlichkeit darüber nicht informiert? Ich möchte an diesem Punkt ansetzen und in diesem Beitrag eine mögliche Alternative für eine Neuordnung des Bahnknotens Hamburg skizzieren. Sie enthält insgesamt fünf Maßnahmen, von denen die erste eine Alternative zum bisher geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel darstellt. Sie ist deutlich weniger aufwendig als der bisher geplante S-Bahn-Tunnel, bringt deutlich weniger bauzeitliche Einschränkungen mit sich und ist vermutlich auch deutlich günstiger. Aber der Reihe nach.

Ausgangspunkt, Grundannahmen und Ziele

Anknüpfen möchte ich an die Schlussfolgerungen aus dem ersten Teil des Beitrags:
Ziel eines Konzepts für den Bahnknoten Hamburg für die kommenden 100 Jahre und die Verkehrswende kann meiner Meinung nach nur sein, die zentrale Stellung des Hamburger Hauptbahnhofs zu brechen und die Fahrgastströme insbesondere der regionalen und innerstädtischen Verkehre besser polyzentral zu verteilen und die durch die Renovierung der Elbbrücken schmerzlich sichtbarwerdende fehlende Resilienz des Netzes zu verbessern. Mit dem Verbindungsbahnentlastungstunnel in seiner bisherigen Form wird das aber im Prinzip so gut wie unmöglich, da das Projekt die bestehenden Strukturen verfestigt und für das nächste Jahrhundert zementiert. Er wird darüber hinaus so viel Geld und Personal binden wird, dass darüber hinaus nur wenig möglich sein wird.

Es müssen stattdessen Lösungen gefunden werden, wie die lokalen und regionalen Verkehre nicht mehr nahezu ausschließlich über den Hauptbahnhof laufen. Damit meine ich gar nicht mal nur die Züge an sich, sondern vor allem auch die Menschen in diesen Zügen. Gleichzeitig muss dabei die zentrale Stellung des Hauptbahnhofs im übergeordneten Fernverkehr größtenteils beibehalten werden. Das heißt, Hamburgs Eisenbahnnetz muss übergeordnet neu konzipiert und strukturiert werden, um den Hauptbahnhof zu entlasten statt weiter zu belasten und es widerstandsfähiger gegen Ausfälle zentraler Streckenabschnitte zu gestalten.

Kernproblem des Bahnknotens Hamburg ist meiner Ansicht nach der völlig überlastete Hauptbahnhof. Die Grenzen des Wachstums an Ort und Stelle sind meiner Meinung nach nahezu erreicht. Oberstes Ziel sollte daher sein, ihn nicht weiter mit noch mehr Fahrgästen zu belasten, sondern ihn mit ineinander greifenden Maßnahmen zu entlasten. Aus der Analyse des ersten Teil des Beitrags leite ich für einen zukunftsgerichteten Ausbau des Bahnknotens Hamburg folgende Ziele ab:

  1. Der Hauptbahnhof soll weiterhin der übergeordnete Knoten im überregionalen Verkehr bleiben. Dafür ist auch eine Kapazitätssteigerung der Verbindungsbahn erforderlich, die ähnlich leistungsfähig ist wie die bisherige Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung.
  2. Es müssen neben dem Hauptbahnhof weitere wichtige Umstiegsknoten zum Fern- und Regionalverkehr etabliert werden, um so viele Fahrgastströme wie möglich weg vom Hauptbahnhof zu verlagern. Das muss in einem Maß geschehen, das den Hauptbahnhof spürbar entlastet.
  3. Gleichzeitig gilt es nicht nur, die überregionalen Fahrgäste vom Hauptbahnhof anderen Fern- und Regionalbahnknoten zu verlagern, sondern auch den Hauptbahnhof von innerstädtischen Verkehren zu entlasten. Dafür ist es nötig, die zentrale Stellung des Hauptbahnhofs im ÖPNV-Netz Hamburgs zu brechen und die lokalen Fahrgastströme durch bessere Querverbindungen unter Umgehung des Hauptbahnhofs im gesamten Netz feinzuverteilen.
  4. Zur Sicherstellung von Resilienz des zukünftig stark weiter beanspruchten Schienennetzes und der Aufnahme der mit der festen Fehmarnbeltquerung wachsenden Skandinavienverkehre müssen Alternativen zur hochbelasteten und einzigen Schienenelbquerung an den Elbbrücken geschaffen werden, um im Falle eines Ausfalls nicht den gesamten Bahnverkehr Richtung Süden einstellen zu müssen und um eine höhere betriebliche Flexiblität zu erhalten.

Die skizzierte Lösung unterstellt, dass folgende Maßnahmen ebenfalls umgesetzt werden (sie sind teilweise bereits im ersten Teil des Beitrags erläutert und ohnehin von offizieller Stelle in Prüfung/in Planung oder im Kurzgutachten von SMA vorausgesetzt):

  • Durchbindung eines Großteils der Regionalverkehre (d.h., die Regionalzüge aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern enden überwiegend nicht mehr am Hauptbahnhof und wenden dort, sondern fahren durch Hamburg durch; dadurch müssen die Bahnsteigkanten am Hauptbahnhof nur noch kürzer belegt werden und stehen schneller für andere Züge bereit)
  • vollständig zweigleisiger Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Berlin im Bereich Berliner Tor bis Rothenburgsort
  • Sanierung und Ausbau Elbbrücken
  • Umnutzung der Güterumgehungsbahn für den Personenverkehr

Vorab: Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass das hier keine Untersuchung der technischen Machbarkeit ist. Ich möchte in diesem zweiten Teil des Beitrags zum Verbindungsbahnentlastungstunnel eine von sicherlich vielen möglichen Alternativen zum Verbindungsbahnentlastungstunnel skizzieren. Es ist eine Skizze, die zum Nachdenken über mögliche und bessere Alternativen zur aktuellen Planung anregen soll. Sie ist keine bis ins letzte Detail ausgefeilte Planung.

Es ist höchstwahrscheinlich so, dass mir viele Planungsgrundlagen und Detailkenntnisse der Rahmenbedingungen fehlen. Dadurch kann es natürlich eine Reihe an mir unbekannten Gründen geben, die diese Ideen hier verunmöglichen. Ich würde mich freuen, wenn mir in diesem Falle über die Kontaktmöglichkeiten mitgeteilt werden würde, was ich übersehen habe. Das kann ich dann hier auch gerne ergänzen.

Die Zeichnungen stellen keine in Stein gemeißelten Trassierungen dar, sondern sollen lediglich die Grundidee veranschaulichen und besser nachvollziehbar werden lassen. Sie dienen nur als Prinzipskizzen, Lage der Haltestellen und Gleise sind nur symbolisch und müssten genauer geprüft werden. Auch Weichenverbindungen, Kehrgleise etc. sind nicht mit dargestellt.

Ob und mit welchem Aufwand die Lösungen umsetzbar sind und an welchen Stellen Optimierungsbedarf besteht, müsste geprüft werden. Aber genau das ist der Kern des Beitrags: Aufzuzeigen, dass man auch in andere Richtungen hätte denken können, als es die bestehende Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung tut. Und hinterfragen, warum andere Lösungen nie ernsthaft geprüft wurden.

Ich habe mich dabei bewusst an die Grundidee der aktuellen Planung (Kapazitätssteigerung der Verbindungsbahn durch einen neuen Tunnel) angelehnt, um nicht komplett mit den bisherigen Ideen zu brechen. Das hier stellt nur eine von sicher vielen möglichen alternativen Ansätzen dar, man könnte sicherlich auch noch freier an die Problemstellung rangehen.

Ich habe bei der Grobtrassierung Mindestradien, Abstände etc. eingehalten. Ausführlichere Erläuterungen der Zeichnungen sind an den entsprechenden Stellen im Text und an den Grafiken zu finden. Es sollte also jedenfalls nicht völlig an den Haaren herbeigezogen sein, auch wenn mir natürlich viele Informationen zur Bewertung der Machbarkeit fehlen und ich auch allein weder die Zeit noch die Kompetenzen habe, das in der Detailtiefe einer Machbarkeitsuntersuchung zu beurteilen.

Ich werde die Alternativmaßnahmen der Reihe nach vorstellen. Sie können grundsätzlich jeweils auch für sich allein umgesetzt werden, die Gesamtwirkung wird aber nur im Zusammenspiel aller Maßnahmen erreicht. Auftakt macht mit Maßnahme 1 der Ersatz des bisher geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnels für die S-Bahn durch eine Kombilösung: zwei zusätzliche Gleise für die S-Bahn zwischen Hauptbahnhof und Dammtor auf der Nordseite der Verbindungsbahn, ab Dammtor dann ein Fernbahntunnel bis Diebsteich.

Maßnahme 1: Eine Kombilösung als Alternative zum bisher geplanten Verbindungsbahnentlastunnel

Ausgangspunkt für diese Idee ist folgende Aussage aus dem von SMA erstellten Kurzgutachten zur Prüfung eines Fernbahntunnels als Alternative zum S-Bahn-Verbindungsbahnentlastungstunnel:

„Grundsätzlich ist als Alternative auch ein Fernbahntunnel denkbar. […] Nach einer ersten Abschätzung kann das Mengengerüst […] auch mit diesem vermutlich umgesetzt werden. […]“
„Hinsichtlich der Kapazität ist ein Tunnel für den Fernverkehr/Nahverkehr in Verbindung mit der bestehenden zweigleisigen Verbindungsbahn nach unserer Einschätzung genauso leistungsfähig wie eine viergleisige Verbindungsbahn.“
SMA-Fernbahntunnel-Kurzgutachten S. 7 und S. 11

Im Kurzgutachten wurde diese Alternative leider nur sehr kurz abgehandelt und sogleich ausgeschlossen. Der Großteil der Gründe, die aus Sicht des Kurzgutachtens gegen den Fernbahntunnel sprechen, greifen in der von mir skizzierten Variante nicht. Das liegt vor allem daran, dass meiner Meinung nach die Rahmenbedingungen im Kurzgutachten so gesetzt waren, dass der Fernbahntunnel als Alternative von vornherein unrealistisch war. Wenn man etwas freier denkt (was der Bund in anderen Gedanken zu einem Fernbahntunnel in Hamburg auch selbst tut, dazu später bei Maßnahme 5 mehr), könnte man auch zu anderen Lösungen kommen.

Die hier vorgestellte Lösung bezeichne ich im Weiteren als Kombilösung, da sie zwei Elemente zur Entlastung der Verbindungsbahn miteinander kombiniert: Einerseits zwei neue oberirdische Gleise für die S-Bahn zwischen Hauptbahnhof und Dammtor, andererseits zwei neue unterirdische Gleise für die Fern- und Regionalbahn zwischen Dammtor und Diebsteich. Aber der Reihe nach.

Anlass und Kritik des bisher geprüften alternativen Fernbahntunnels

Ein wesentlicher Planungsparameter des geprüften Fernbahntunnels war eine maximale Längsneigung von maximal 8 bis 12,5 Promille haben (d.h., 80 Zentimer bis 1,25 Meter Höhenunterschied auf 100 Meter Längenentwicklung). Das sind Steigungen, die den Tunnel für den Güterzugverkehr nutzbar machen, bei einem Tunnel mit überwiegender Nutzung durch den Personenverkehr mögliche Lösungen aber deutlich komplizierter werden lassen.

Warum diese Werte gewählt wurden, ist leider nicht ganz nachvollziehbar, denn eine Begründung für die Wahl dieser Werte lässt das Gutachten leider vermissen. Es gibt in Deutschland eine ganze Reihe innerstädtischer Fern- und Regionalbahnstrecken (auch junge und neu geplante), die mit deutlich höheren Steigungen arbeiten. Der Berliner Nord-Süd-Tunnel beispielsweise hat Längsneigungen von bis zu 30 Promille.

Warum man in Hamburg bei der Prüfung eines Fernbahntunnels als Alternative zum bisher geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel einen maximalen Neigungswert angesetzt hat, der solche Lösungen von Beginn an im Prinzip verhindert, ist meiner Ansicht nach nicht transparent nachvollziehbar. Vor allem nicht angesichts der Tatsache, dass der Bund Pläne für einen Fernbahntunnel zusätzlich zum S-Bahn-Verbindungsbahnentlastungstunnel im Hinterkopf hat, für den eben solche für Personenverkehrsstrecken genutzte Längsneigungen von etwa 25 Promille Längsneigungen angesetzt sind, die bei der Alternative zum S-Bahn-VET ausgeschlossen wurden.

Auch eine Nutzung durch den Güterverkehr (die durch so geringe Längsneigungen möglich wäre) ist dem Kurzgutachten zufolge nicht der Grund für diese angesetzten Längsneigungen. Im Absatz, in dem die maximalen Längsneigungen festgesetzt werden, ist nur vom Mischverkehr von Regional- und Fernverkehr die Rede. An einer anderen Stelle wird sogar explizit erläutert, dass das Thema Güterverkehr nicht Gegenstand des Kurzgutachtens ist. Das ist tatsächlich auch die einzige Stelle, an der das Stichwort Güterverkehr im Kurzgutachten der Variantenprüfung eines Fernbahntunnels fällt.

Grundsätzlich wird mit Fertigstellung der festen Fehmarnbeltquerung der Großteil des Güterverkehrs Richtung Skandinavien über die Bahnstrecke Hamburg-Lübeck abgewickelt werden. Das Güterverkehrsaufkommen Richtung Nordwesten wird daher stark abnehmen.

Die verbleibenden Güterzüge könnten aber auch über die bereits bestehenden oberirdischen Gleise der Verbindungsbahn geführt werden. Das wird bereits heute vereinzelt praktiziert und stellt kein technisches Problem dar. Mir liegen keine genauen Zahlen zur erwarteten Anzahl an Güterzügen in den Nordwesten Hamburgs vor, aber bei einer dann viergleisigen Infrastruktur zwischen Diebsteich und Hauptbahnhof sollten die verbleibenden Güterzüge vermutlich auch betrieblich unterzubringen sein. Da im Kurzgutachten nicht begründet wurde, ob (und wenn ja warum) der Fernbahntunnel für Güterzüge geeignet sein muss, kann ich das aber nicht tiefer beurteilen.

Durch diese geringen maximalen Steigungen geht das Kurzgutachten zum alternativen Fernbahntunnel jedenfalls von zwei jeweils viergleisigen unterirdischer Fern- und Regionalbahnhöfen aus, einem unter dem Hauptbahnhof und der andere unter dem Dammtorbahnhof. Der geprüfte Fernbahntunnel wird durch die gewählte maximale Längsneigung so lang und durch die beiden viergleisigen Haltestellen so umständlich und teuer, dass es fast gar kein Kurzgutachten braucht, um ihn als Variante auszuschließen. Denkt man etwas freier als mit diesen starren Rahmenbedingungen, könnte man jedoch auch zu anderen Alternativen kommen. Und das könnte die hier beschriebene Kombilösung sein.

Die Kombilösung: 2 oberirdische S-Bahn-Gleise zwischen Hauptbahnhof und Dammtor, 2 unterirdische Fernbahngleise zwischen Dammtor und Diebsteich

Grundgedanke ist folgender wie in der Skizze dargestellt: Zwischen Hauptbahnhof und Dammtor werden zwei zusätzliche S-Bahn-Gleise auf der Nordseite der Verbindungsbahn geschaffen, so dass die vier bestehenden Gleise für den Fern- und Regionalverkehr genutzt werden können. Etwa auf Höhe der Kreuzung An der Verbindungsbahn/Bundesstraße tauchen zwei der Fern- und Regionalbahngleise in einen neu zu errichtenden Fernbahntunnel bis Diebsteich ab und die S-Bahn fädelt wieder auf die Bestandsgleise ein.

Auf einem digitalen Orthophoto basierende Skizze der im Text beschriebenen Lösung
Statt des S-Bahn-VETs könnte die Verbindungsbahn möglicherweise auch durch eine Kombilösung mit oberirdischen neuen S-Bahn-Gleisen bis Dammtor und einem anschließenden Fernbahntunnel entlastet werden. Klicken zum Vergrößern.ⓘ Hinweise zur Darstellung
Am Dammtor wird auf dem Theodor-Heuss-Platz unter Inanspruchnahme der heute für den Kfz-Verkehr genutzten Flächen ein neuer S-Bahn-Steig errichtet. Bis etwa auf Höhe der Kreuzung An der Verbindungsbahn/Bundesstraße verläuft die Trasse der S-Bahn weiter als Neubau auf den heutigen Kfz-Verkehrsflächen der Edmund-Siemers-Allee, um dort dann wieder auf die Bestandstrasse einzufädeln.

Zwei der vier Fern- und Regionalbahngleise tauchen dann direkt ab Bahnsteigende Richtung Diebsteich in einen Fernbahntunnel ab. Dabei kann direkt die nötige Überwerfung für den Wechsel von Richtungs- auf Linienbetrieb zwischen Diebsteich und Dammtor erfolgen, für die in der bisherigen Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung anspruchsvoll zu integrierende oberirdische Überwerfungsbauwerke entlang der Verbindungsbahn vorgesehen sind (siehe erster Teil des Artikels).

Hier könnten Konflikte mit den Tunneln der U2 und U3 auftreten. Da die näher am Tunnelmund liegende U2 aber in recht großer Tiefe verläuft, sollte sie vermutlich ohne größere Probleme überfahren werden können. Der weiter westlich gelegene Tunnel der U3 hingegegen liegt direkt unter der Geländeoberkante und sollte daher vermutlich relativ einfach unterfahren werden können. Die Höhenlage der beiden U-Bahn-Tunnel sind daher im Ausgangspunkt erstmal sehr entgegenkommend für den Verlauf des Fernbahntunnels, so dass das keine unlösbare Aufgabe darstellen sollte. Für eine aussagekräftigere Prüfung fehlen mir dazu aber die Planungsgrundlagen.

Dieser neue Tunnel ist nicht güterzugfähig, ich habe bei den Rampen grob maximal 2,5 bis 3 Prozent (30 Promille) Steigung angesetzt (ähnlich wie es beispielsweise bei den Zuführungsrampen zum Berliner Hauptbahnhof (tief) und vielen anderen innerstädtischen Bahnstrecken Deutschlands der Fall ist).

Das heißt, es wird (leider) immer noch ein Tunnel, mit hohen CO₂-Emissionen beim Bau. Wenn man unterstellt, dass allein ein viergleisiger Dammtorbahnhof für den Fern- und Regionalverkehr nicht ausreicht, um die Verbindungsbahn zu entlasten, sondern stattdessen vier Gleise auf der gesamten Länge zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich nötig sind, wird man um einen Tunnel aber wohl nicht herumkommen. Immerhin ist er aber deutlich kürzer und ohne Haltestellen auch deutlich weniger aufwendig als das, was mit dem S-Bahn-VET auf die Stadt zukommt.

Ein vollständiger sechsgleisiger oberirdischer Ausbau (2 S-Bahn, 4 Fern-/Regionalverkehr) zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich halte ich angesichts der dichten Bebauung entlang der Strecke für unrealistisch. Das wäre nur unter massiven Eingriffen in bestehende Bebauungen und Privatgrund möglich, die auf zu hohe Akzeptanzprobleme stießen. Das zeigt allein bereits die Diskussion um den Neubau der Sternbrücke.

Ob vier Gleise für den Fern- und Regionalverkehr am Dammtor ohne weiteren Ausbau des Abschnitts zwischen Dammtor und Diebsteich ausreichen würden, wie von einigen Akteuren in der Diskussion behauptet, kann ich nicht abschließend beurteilen. Dann könnte natürlich auf den Tunnel zwischen Diebsteich und Altona in dieser Lösung hier verzichtet werden. Es ist mir aber nur schwer vorstellbar, dass es mit zwei Gleisen ginge, ich halte das für nahezu ausgeschlossen. Ich lasse mich aber mit guten Argumenten auch gerne eines Besseren belehren. Ansonsten vertraue ich hier auf die Einschätzungen und Aussagen von Bahn, Politik und dem Kurzgutachten von SMA, die alle vier Gleise auf kompletter Länge zwischen Diebsteich und Hauptbahnhof ansetzen.

Was passiert mit dem Dammtorbahnhof, wenn dort zwei neue S-Bahn-Gleise gebaut werden sollen?

Die beiden Bestandsbahnsteige am Dammtor werden beide für den Fern- und Regionalverkehr genutzt. Für die Verlängerung des heutigen S-Bahnsteigs auf Fernbahnlänge (gut 400 Meter) muss der Gleisabstand der heutigen S-Bahn-Gleise ohnehin geweitet werden, wofür Kfz-Flächen und Bäume entlang der Edmund-Siemers-Allee weichen müssen. Diese Bahnsteigverlängerung ist aber auch bei der derzeit geplanten VET-Lösung nötig. Bei der hier vorgestellten Lösung muss zusätzlich zur Umnutzung des bestehenden S-Bahnsteigs auf Fernzuglänge ein weiterer oberirdischer S-Bahnsteig gebaut werden.

Auch die Gestalt des neuen S-Bahnsteigs auf dem Theodor-Heuss-Platz ist wenn auch technisch vergleichsweise simpel, so doch hinsichtlich des Denkmalschutzes sicherlich anspruchsvoll. Eine mögliche Lösung wäre: Man versetzt die bestehende Fassade um etwa 15-20 Meter nach Norden und schafft eine neue, kleinere Bahnsteighalle über dem neuen S-Bahnsteig. So bleibt der städtebaulich-historische Charakter des Bahnhofs im Wesentlichen unverändert. Ich denke, ein gutes Architekturbüro könnte hier sicherlich bessere Lösungen und Visualisierungen anbieten, als ich es in dieser kurzen Prinzipskizze nur anzudeuten vermag.

Ich möchte nur sagen: In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz könnten hier möglicherweise Lösungen gefunden werden, wie ein neuer S-Bahnsteig unter Wahrung des Charakters des Gebäudes integriert werden könnte. Dadurch böte sich auch die Chance, den Theodor-Heuss-Platz (der ja heute ehrlicherweise Theodor-Heuss-Kreuzung heißen müsste) zu einem wirklichen Platz umzugestalten und dem Dammtor einen echten Vorplatz und zu einer städtebaulichen Aufwertung zu verhelfen. In der Abwägung der Einschränkungen und Eingriffe, die der VET in seiner bisherigen Form mit sich bringt, und den vergleichsweise geringen Eingriffen, die diese Lösung erfordert, könnte solch ein Umbau des Dammtorbahnhofs durchaus gerechtfertigt sein.

Eine Google-Maps 3D-Ansicht des Bahnhofs Dammtor vom Theodor-Heuß-Platz gesehen mit einer handgezeichneten Skizze der im Text beschriebenen neuen Bahnsteighalle für die S-Bahn
Auf dem Theodor-Heuss-Platz müsste auf den heutigen Kfz-Flächen eine zusätzliche Bahnsteighalle für die S-Bahn entstehen. Die Fassade könnte versetzt werden, so dass das Gebäude seine historische städtebauliche Gestalt wahrt. Da es weiter auf den Platz rückt, ergibt sich im Zusammenspiel mit der Bushaltestelle ein Bahnhofsvorplatz statt einer Großkreuzung. Die Skizze dient zur Veranschaulichung der Idee, genaue Umsetzung sollte in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz von professionellen Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros entworfen werden. Klicken zum Vergrößern. Bildquelle: Google-Earth.
Die Gradiente am Diebsteich wird vermutlich anspruchsvoll, könnte aber machbar sein

Im Bereich Diebsteich taucht der Fernbahntunnel wieder an die Oberfläche. Es kann durchaus sein, dass die Gradiente hier ziemlich hart auf Kante genäht ist oder es mit der hier gezeigten Trassierung sogar gar nicht möglich ist. Nötig wäre wohl auf jeden Fall, die Ebenen von Straße und Schiene der heutigen Unterführung der Stresemannstraße zu tauschen. Das Höherlegen der Straße würde an dieser Stelle aber nicht nur die Gradiente vom Fernbahntunnel zu den Bahnsteigen am Bahnhof Diebsteich ermöglichen, sondern könnte auch noch einer komplizierte Engstelle im Hamburger Straßennetz zur Besserung verhelfen.

Es könnte im Falle dieses Ebenentauschs mit 25 bis 30 Promille und einem Mindestradius von 300 Metern passen, das kann ich bei dieser Grobprüfung aber nicht sicher sagen. Es ist natürlich selten empfehlenswert, Grenzwerte zu kombinieren. Es müsste also im Weiteren geprüft und abgewogen werden, ob und wie es im Vergleich zur bestehenden S-Bahn-VET-Planung sinnvoll und möglich ist. Aber genau darum geht es ja: Eine genauere Prüfung anzustoßen. Man findet hier sicher auch noch Optimierungsmöglichkeiten, um die grundsätzliche Idee umsetzen zu können.

Die Grafik zeigt die im Text beschriebene Lösung am Fernbahnhof Diebsteich in einer Lageplanskizze.
Auf dem bisher unbebauten Gebiet im zweiten Bauabschnitt der Mitte Altona könnte der Fernbahntunnel wieder auftauchen. Rampen und Tunnelbeginn könnten vor der Bebauung des Quartiers relativ unkompliziert erfolgen. Klicken zum Vergrößern. ⓘ Hinweise zur Darstellung

Wie unterscheidet sich diese Idee von der bisherigen Planung

Schenkt man dem Kurzgutachten von SMA zur Fernbahnalternative Glauben, sollte die Kapazität der Verbindungsbahn mit dieser Lösung in gleichwertigem Maß gesteigert werden können, wie mit der bisherigen Planung des S-Bahn-Tunnels.

Fassen wir mal Vor- und Nachteile im Vergleich zur bisherigen Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung zusammen:

+keine teuren und aufwendigen Tunnelbahnhöfe erforderlich
+kein teures und aufwendiges Abzweigbauwerk Kaltenkircher Platz erforderlich
+deutlich kürzerer Tunnel, da nur zwischen Dammtor und Diebsteich, dadurch auch deutlich geringere CO₂-Emissionen beim Bau (etwa 8 Kilometer Tunnelneubau VET-Bestandsplanung im Vergleich zu etwa 3,5 Kilometer in der hier gezeigten Lösung)
+voraussichtlich deutlich kürzere Bauzeit, da ohne Haltestellen weniger aufwendig
+keine Verschlechterung des bestehenden S-Bahn-Angebots durch tiefliegende Tunnelbahnhöfe
+S6/S32 nach Lurup/Osdorfer Born kann unabhängig vom VET angegangen werden
+nahezu alle schwerwiegenden langjährigen bauzeitlichen Einschränkungen des S-Bahn-VETs entfallen
+nach Einschätzung SMA-Gutachten gleiche hohe Leistungsfähigkeit/Entlastung der Verbindungsbahn
+gleiche betriebliche Flexibilität am Hauptbahnhof wie bei derzeitiger Lösung
+Möglichkeit, Fernbahnhof Diebsteich besser ins S-Bahn-Netz zu integrieren, wird nicht durch Abzweigbauwerk am Kaltenkircher Platz verbaut
+Entfall des oberirdischen Überwerfungsbauwerks zwischen Dammtor und Diebsteich
+Aufwertung und Lärmreduzierung Edmund-Siemers-Allee, Theodor-Heuss-Platz und Alsterglacis durch Reduktion Kfz-Verkehrsflächen
+Möglichkeit, Unterführung Stresemannstraße als Engpass im Straßennetz zu beheben
Verlust Baumbestand entlang neu zu bauender oberirdischer S-Bahn-Gleise zwischen Hauptbahnhof und Dammtor und entlang Edmund-Siemers-Allee
keine zwei zusätzlichen Bahnsteigkanten am Hbf, da S-Bahn im Bestand erhalten bleibt
selbes Grundproblem wie bisherige Planung: überlasteter Hauptbahnhof wird noch weiter belastet, statt entlastet
Konflikt mit dem Denkmalschutz am Dammtor
…sicher noch einige andere, die mir nicht bewusst sind. Ich freue mich, wenn jemand den Ansatz weiterdenkt und diese Problempunkte optimiert.

Ob die zwei fehlenden Gleise im Hauptbahnhof so problematisch sind, oder ob nicht auch bereits das ohnehin geplante zusätzliche Gleis und die Durchbindung der Regionalverkehr ausreichen würden, um Platz an den Bahnsteigkanten für die 150 zusätzlichen Züge zu schaffen, kann ich nicht beurteilen. Das wäre genauer zu prüfen. Spätestens mit Umsetzung des gesamten Maßnahmenpakets inklusive Maßnahme 5 wäre das Kapazitätsproblem am Hauptbahnhof jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach gelöst, da Maßnahme 5 eine spürbare Entlastung des Hauptbahnhofs beinhaltet.

Aber überlegen wir mal ganz grob: Verteilen wir die 150 zusätzlichen Züge mal gleichmäßig auf die 15 Stunden zwischen 06:00 Uhr morgens und 21:00 Uhr abends macht das zehn Züge zusätzlich pro Stunde an acht bestehenden Bahnsteigkanten. Eine neunte Bahnsteigkante kommt unabhängig vom VET am Hauptbahnhof dazu. Sagen wir mal zurückhaltend, diese neue Bahnsteigkante nimmt 2 Züge pro Stunde auf. Bleiben noch 8 zusätzliche Züge pro Stunde, die auf die 8 bestehenden Bahnsteigkanten verteilt werden müssen.

Im heutige Zustand blockieren die am Hauptbahnhof wendenden Regionalzüge teilweise 30 bis 45 Minuten lang Bahnsteigkanten. Allein durch eine bessere betriebliche Organisation mit einer Durchbindung der Züge und einem kürzeren Halt wäre sicherlich eine hohe Mehrkapazität und bessere Auslastung der bestehenden Bahnsteige möglich. Ein zusätzlicher Zug pro Stunde und Bahnsteigkante scheint angesichts dieser Rahmenbedingungen auf den ersten Blick jedenfalls nicht völlig unrealistisch zu sein. Es ist aber schwierig, das ohne Kenntnisse der betriebliche Anforderungen und Zwänge einzuschätzen. Aber selbst wenn man es nicht an den neun Bahnsteigkanten schafft, gibt es vielleicht für die Knackpunkte noch andere Lösungen, als direkt für mehrere Milliarden einen S-Bahn-Tunnel durch die halbe Stadt zu bauen, der am Ende wenig Vorteile und während der Bauzeit gravierende Nachteile bringt (siehe die ausführliche Analyse im ersten Teil des Beitrags). Eine mögliche Lösung wäre beispielsweise Maßnahme 5, die weiter unten näher erläutert ist und das Kapazitätsproblem am Hauptbahnhof auf andere Weise löst.

Sollte durch die Durchbindung der Regionalverkehre bereits neun Bahnsteigkanten für 150 zusätzliche Züge reichen, würde diese Lösung vermutlich einen vollwertigen Ersatz der bisherigen Planung zum S-Bahn-Verbindungsbahnentlastungstunnel darstellen. Allerdings deutlich günstiger, mit geringeren bauzeitlichen Einschränkungen und weniger langfristigen Nachteilen für das Hamburger S-Bahn-Netz.

Das Grundproblem bleibt aber nach wie vor bestehen: Der Hauptbahnhof wird auch mit dieser Lösung weiter be- statt entlastet. Meiner Argumentation nach sind das Problem aber gar nicht unbedingt die Züge, sondern vor allem die Fahrgastmassen. Diese kommen aber bereits heute zum Großteil aus dem innerstädtischen Netz und nicht aus dem Fern- und Regionalverkehr. An diesem Punkt könnte also gut angesetzt werden, um für Entlastung zu sorgen.

Hier zum ersten Teil des Beitrags für eine ausführliche Analyse der bisherigen Planungen des Verbindungsbahnentlastungstunnels.

Daher bauen die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen vor allem darauf, die regionalen und innerstädtischen Verkehre auf andere ÖV-Linien und Bahnhöfe zu verteilen und mehr Menschen zum Umstieg am Diebsteich zu bewegen, während die zentrale Stellung des Hauptbahnhofs für den überregionalen Verkehr möglichst gleich bleiben sollte.

Maßnahme 2: S-Bahn-Halbring über die Güterumgehungsbahn

Mit Maßnahme 1 ist also schon mal die Verbindungsbahn auf vier Gleise angewachsen und entlastet. Nun gilt es also, den Hauptbahnhof vor den prognostizierten 750.000 Fahrgästen täglich zu bewahren.

Bereits heute stammen über die Hälfte der mehr als 500.000 täglichen Fahrgäste am Hauptbahnhof aus dem S-Bahn-Netz und nicht aus dem Regional- und Fernverkehr. Das liegt daran, dass alle U- und S-Bahnlinien in Hamburg zentral auf den Hauptbahnhof ausgerichtet sind. Die Fahrgäste sind in vielen Fällen zur Fahrt und zum Umstieg über den Hauptbahnhof gezwungen, da es schlicht keine attraktiven Alternativen gibt.

Um die zukünftige Funktionsfähigkeit des Hauptbahnhofs gewährleisten zu können, muss er also entlastet werden. Dies geschieht mit weiteren Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass möglichst nur noch Fahrgäste mit Fahrtziel in unmittelbarer Hauptbahnhofnähe oder mit Umstiegswünschen zum überregionalen Verkehr tatsächlich zum Hauptbahnhof fahren. Es braucht also deutlich bessere Angebote, um die innerstädtischen und regionalen Verkehre ohne Fahrt über den Hauptbahnhof im städtischen ÖPNV-Netz zu verteilen. Maßnahme 2 ist der erste Schritt dafür.

Ein wichtiger Baustein dafür ist der zweigleisige Ausbau und die Umnutzung der Güterumgehungsbahn (GUB) für den Personenverkehr, um so eine attraktive Querverbindung zu schaffen. Das ist grundsätzlich bereits in Prüfung, allerdings laufen die Planungen derzeit wohl vor allem in Richtung einer Nutzung durch den Regionalverkehr. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Integration der Güterumgehungsbahn ins S-Bahn-Netz für die Entlastung des Hauptbahnhofs besser geeignet sein könnte. Warum, erkläre ich im Folgenden. Es kann aber durchaus sein, dass ich mit meiner Einschätzung falsch liege. Dennoch formuliere ich hier nur diese eine Idee näher aus und nicht die Nutzung für den Regionalverkehr.

Grundidee und Ziele des S-Bahn-Halbrings

Ich denke, eine Feinverteilung der Fahrgastströme innerhalb des Hamburger ÖPNV-Netzes ist mit einem konsequenten Ausbau zu einer zweigleisigen S-Bahn-Gleichstromstrecke besser zu erreichen. Die über die Güterumgehungsbahn zu führende S-Bahn-Linie soll bis weit über die Stadtgrenzen hinaus verkehren und so den Regionalverkehr Richtung Hamburg entlasten bzw. teils auch ersetzen.

Während die anderen S-Bahn-Linien weiterhin nicht weiter als bis Elbgaustraße beziehungsweise Pinneberg fahren, wird die S-Bahn-Linie über die Güterumgehungsbahn mindestens bis Elmshorn, möglichst aber noch weiter bis Itzehoe und/oder Kellinghusen/Wrist verlängert. Wie viel Potentiale solche Angebote haben, zeigt bereits die S-Bahn-Verlängerung nach Stade. Mit der S4 nach Bad Oldesloe wird der gleiche Ansatz gerade auch schon im Hamburger Nordosten umgesetzt. Auch hier baut man ganz bewusst die S-Bahn weit ins Umland, um den Hauptbahnhof zu entlasten. Warum sollte man dann im Nordwesten auf den Regionalverkehr setzen, statt dasselbe bewährte Konzept mit der S-Bahn anzuwenden?

Die neue S-Bahn-Linie sollte auch so weit draußen einen möglichst hohen Anteil eigener Gleise haben, aber die Mischnutzung mit bestehenden Fern- und Regionalbahngleisen wird sich sicherlich nicht vermeiden lassen. Um einen Eintrag von Verspätungen aus diesem Mischverkehr ins Hamburger S-Bahn-Innenstadtnetz zu vermeiden, wird die Linie in Eidelstedt auf die Güterumgehungsbahn geführt, wo sie dann im Halbring um die innere Stadt führt und letztlich an den Elbbrücken wieder auf die Bestandstrasse der S-Bahn-Gleise Richtung Harburg führt.

So entstünde für Fahrgäste aus dem Hamburger Nordwesten eine klare Aufgabenteilung der bestehenden SPNV-Angebote: einerseits der Regionalverkehr als schneller Zubringer zum Fernverkehr am Diebsteich und/oder Hauptbahnhof oder für überregionale Fahrten über Hamburg hinaus mit den durchgebundenen Regionalverkehrslinien, während die S-Bahn andererseits für Fahrten mit Ziel innerhalb Hamburgs mit hoher Netzwirkung und Feinverteilung der Fahrgastströme punkten kann.

Die Grafik zeigt die im Text beschriebene neue Nutzung der Güterumgehungsbahn für die S-Bahn.
Die Umnutzung der Güterumgehungsbahn für den S-Bahn-Verkehr ermöglicht eine vergleichsweise unkomplizierte Mitnuztung des bestehenden S-Bahn-Netzes und ermöglicht durch die hohe Netzwirkung eine bessere Feinverteilung der aus dem Hamburger Nordwesten kommenden Verkehrsströme. Klicken zum Vergrößern. ⓘ Hinweise zur Darstellung
Verlauf und Haltestellen

Ich betrachte hier nur die Einbindung in Eidelstedt aus dem Nordwesten, um Pendlerströme aus Schleswig-Holstein besser im ÖPNV-Netz Hamburgs feinzuverteilen. Grundsätzlich wäre aber auch eine Ausfädelung von Diebsteich kommend denkbar, um einen innerstädtischen S-Bahn-Ring schaffen zu können. Die müsste dann wohl aber voraussichtlich als Tunnel gebaut werden.

Im Idealfall schafft man es, einen viergleisigen Umstiegsbahnhof zwischen der Ausfädelung zur GUB und der Ausfädelung der S5 nach Kaltenkirchen zu schaffen, so dass dort ein bahnsteiggleicher Umstieg im Richtungsbetrieb möglich wäre. Fahrgäste aus Elmshorn mit Fahrtziel Innenstadt könnten dort dann in die aus Kaltenkirchen kommende S-Bahn weiter Richtung Innenstadt fahren oder alternativ sitzen bleiben, falls sie in Richtung City-Nord, Flughafen oder Hamburger Osten wollen. Eine solche Lösung ist bei den dortigen räumlichen Verhältnissen aber vermutlich nur mit hohem Aufwand möglich. Prüfen sollte man es dennoch.

An der Schnittstelle mit dem Nordast der U2 ist ein neuer U- und S-Bahn-Halt oder die Verschiebung der Haltestelle Hagendeel zu prüfen, der die Netzwirkung erhöhen würde. Leider ist dieses Gebiet nur dünn besiedelt, eine große Erschließungswirkung ist daher nicht zu erwarten. Weiter geht es mit zusätzlichen Halten am Nedderfeld und an der Bebelallee. Dort könnte zur U1 am Lattenkamp umgestiegen werden. Das ist zwar nicht optimal, die Umstiegswege wären aber immer noch kürzer als zum Beispiel vom Dammtor zur U1 oder vom Jungfernstieg zur U3 am Rathaus.

Weiter geht es entlang der Trasse der U1 zum Umstiegsbahnhof Sengelmannstraße, wo auf kurzen Wegen zur U1 und U5 umgestiegen werden kann. Anschließend fädelt die Linie auf die Bestandsgleise der S-Bahn ein und nutzt bis Wandsbeker Chaussee die bestehende Infrastruktur.

Im Bereich Hasselbrook verlässt die Strecke die Bestandstrasse. Hier ist unbedingt zu prüfen, ob ein S- und Regionalbahnhof mit dem Arbeitstitel Ostkreuz möglich ist, der S1, S4, die GUB-S-Bahn und den Regionalverkehr von/nach Lübeck miteinander verbindet, um den Hauptbahnhof zusätzlich zu entlasten.

Ich hätte dieses Ostkreuz gerne als eigene Maßnahme hier mit reingenommen und näher erläutert, mir fehlte aber auf die Schnelle die Phantasie, wie das dort ohne große Eingriffe in die umliegende Bebauung möglich wäre. Die räumlichen Verhältnisse sind sehr komplex, möglicherweise ist das nicht zu vertretbarem Aufwand möglich. Von dort aus geht es mit Halt am Rauhen Haus (Umstieg zur U2 und U4) und mit Umstieg zur S2 (ehemals S21) an einer neu zu bauenden Haltestelle mit dem Arbeitstitel Billstraße wieder an den Elbbrücken auf die Bestandsgleise Richtung Harburg. Hier müsste ein aufwendiges Überwerfungsbauwerk zur höhenfreien Einfädelung in die Bestandsstrecke geplant werden.

Die Grafik zeigt einen schematischen Liniennetzplan der S-Bahn-Hamburg nach Fertigstellung der VET-Kombilösung und dem Fernbahnhof Diebsteich.
So ähnlich könnte ein S-Bahn-Liniennetz mit einer S-Bahn über die Güterumgehungsbahn aussehen. Die Linienverläufe der bestehenden Linien wurden nach einem Plan der S-Bahn-Hamburg nachgezeichnet. Nur ausgewählte, übergeordnete Haltestellen dargestellt. Entlang der S7 über die GUB alle skizzierten Haltestellen dargestellt. Es sind natürlich auch andere Einbindungen der Güterumgehungs-S-Bahn ins Netz denkbar, dies ist nur einer von vielen möglichen Vorschlägen. Sobald die S-Bahn nach Lurup fertig ist, könnte die S4 den Ast nach Lurup übernehmen, statt in Diebsteich zu enden, während die S6 und die S7 ineinander aufgehen und als S6 dann von Neugraben über die GUB nach Elmshorn/Itzehoe/Wrist verkehrt. (Klicken zum Vergrößern).
Vorteile und Effekte

Da die Güterumgehungsbahn als Gleichstrom-S-Bahn-Strecke ausgebaut wird, ist man in der Trassierung freier und der bauliche Aufwand aufgrund des kleineren Lichtraumprofils geringer als beim Ausbau für den Regionalverkehr. Außerdem sind keine teuren und aufwendigen Um- und Neubauten im Bereich Barmbek nötig, da die Züge schlicht die bestehende Trasse nutzen und in diesem Bereich in Linienüberlagerung mit der S1 gefahren wird.

Fahrgäste aus dem Hamburger Nordwesten sind somit nicht mehr zur Fahrt zum Hauptbahnhof angewiesen. Alle Ziele westlich des Hauptbahnhofs können über die bestehenden S-Bahn-Linien (und den damit verbundenen anderen städtischen Nahverkehrsmitteln) erreicht werden, alle Ziele östlich des Hauptbahnhofs über die neue S-Bahn-Linie entlang der Güterumgehungsbahn. Die Umstiege zum bestehenden Schnellbahnnetz ermöglichen eine hohe Netzwirkung und attraktive Verbindungen in den Hamburger Osten, die City Nord oder zum Flughafen. Gleiches gilt analog für die Fahrgäste aus Richtung Harburg, die nun erstmals eine attraktive Umfahrung des Hauptbahnhofs haben und schneller zu Zielen im Hamburger Osten, der City Nord oder zum Flughafen kommen.

Die Nutzung durch die S-Bahn könnte diese Feinverteilung leisten. Ich kenne das Konzept für die Nutzung für den Regionalverkehr noch nicht, aber tendenziell stelle ich mir die Möglichkeiten dazu deutlich eingeschränkter vor. Vermutlich bietet der Regionalverkehr durchaus kürzere Beförderungszeiten zu den dann aber deutlich wenigeren Regionalbahnhalten. Sie fährt möglicherweise an vielen Zielen der Fahrgäste vorbei.

Ich fürchte, ein Regionalbahnkonzept bietet somit für tendenziell weniger Fahrgäste relevante Fahrzeitverkürzungen, für einen Großteil der Fahrgäste aber kein attraktives Angebot, weil sie weniger Haltestellen (und damit Erschließungswirkung und Direktverbindungen) und weniger Umstiegsmöglichkeiten (und damit eine geringere Netzwirkung) erzielt.

Die S-Bahn hingegen bietet deutlich mehr Direktverbindungen und eine viel höhere Netzwirkung, so dass ich annehme, dass insgesamt mehr Menschen von kürzeren Fahrzeiten profitieren würden. Für das Ziel, die lokalen und regionalen Verkehre im Hamburger ÖPNV-Netz feinzuverteilen, scheint mir die S-Bahn daher deutlich geeigneter zu sein. Zudem ist der bauliche Aufwand vermutlich deutlich geringer. Das ist aber natürlich nur eine erste Einschätzung und muss so nicht sein. Aber wie gesagt: Die S-Bahn-Verlängerung nach Stade war ein großer Erfolg, die in Umsetzung befindliche S4 nach Bad Oldesloe setzt auf die selbe Grundidee. Hier hat man offenbar erkannt, dass die S-Bahn das geeignetere Mittel zur Erreichung der verkehrlichen Ziele ist. Warum sollte das im Hamburger Nordwesten anders sein?

Maßnahme 3: Integration des Fernbahnhofs Diebsteich ins S-Bahn-Netz durch neuen S-Bahn-Knoten Altona Westkreuz

Mit Maßnahme 1 konnte die Kapazität der Verbindungsbahn gesteigert werden, der S-Bahn-Halbring auf der Güterumgehungsbahn aus Maßnahme 2 sollte auch schon zu einer Entlastung des Hauptbahnhofs von innerstädtischen und regionalen Fahrgästen führen. Maßnahme 3 zielt nun darauf ab, Fahrgäste des Fernverkehrs und mit überregionalen Zielen weg vom Hauptbahnhof zu verlagern und Diebsteich als zweiten wichtigen Fern- und Regionalverkehrsbahnhof in Hamburg zu etablieren.

Ziele des neuen Umstiegsknotens Westkreuz Altona

Hamburg hat zwar offiziell vier Fernbahnhöfe (Hauptbahnhof, Altona, Harburg und Bergedorf), die Fahrgastzahlen von Altona, Harburg und Bergedorf im Fern- und Regionalverkehr sind allerdings im Vergleich zum Hauptbahnhof nahezu völlig vernachlässigbar.

Der Hauptbahnhof hat täglich mehr als 250.000 Reisende im Fern- und Regionalverkehr. Am zweitgrößten Fern- und Regionalbahnhof, Altona, steigen nur etwa 13.000 tägliche Reisende in Fern- und Regionalzüge. Das sind gerade mal etwa 5 Prozent der Zahlen des Hauptbahnhofs. Das Reisendenaufkommen am Hauptbahnhof ist also im Fern- und Regionalverkehr etwa 20 mal so hoch wie am zweitstärksten frequentierten Bahnhof Altona.

Für Harburg und Bergedorf konnte ich keine nach S- und Fern-/Regionalbahn aufgeschlüsselten Zahlen finden. Es dürften aber vermutlich nicht mehr sein als in Altona, wahrscheinlich eher noch deutlich weniger.

Die Verlagerung des Bahnhofs von Altona nach Diebsteich muss nun als große Chance begriffen werden, dass zumindest Diebsteich deutlich mehr Fahrgäste im Fern- und Regionalverkehr anzieht und somit den Hauptbahnhof entlastet. Anders als in Altona, wo nur ein geringer Teil des Hamburger Regionalverkehrs verkehrte, wird Diebsteich auch stark in die dann durchgebundenen Regionalbahnlinien eingebunden sein. Er bietet somit viel mehr Relationen als Altona-Alt, der vor allem ein Fernverkehrsbahnhof war. Diebsteich hingegen wird ein Fern- und Regionalverkehrsbahnhof und mit diesen zusätzlichen Relationen des Regionalverkehrs als Umstiegsknoten für die Fahrgäste deutlich interessanter.

Leider ist eine gute Einbindung von Diebsteich ins S-Bahn-Netz bisher nicht wirklich auf der Agenda. Dieses Thema wird meines Erachtens stark vernachlässigt und das Potential von Diebsteich nicht genutzt. Im Streit um die Verlegung hatte auch der VCD die Wichtigkeit dieses Themas betont und im Verständigungspapier zur Vermeidung einer Klage festhalten können, dass Diebsteich zu einem „Schnellbahndrehkreuz“ entwickelt werden solle. Leider ist daraus bis heute nichts geworden, weshalb der VCD mit der bisherigen Umsetzung dieser damals getroffenen Vereinbarungen sehr unzufrieden ist und gar mit einem Aufkündigen der Zusammenarbeit droht.

Die bisherige Planung des Verbindungsbahnentlastungstunnels verhindern dieses S-Bahn-Drehkreuz Diebsteich nun geradezu, da das Abzweigebauwerk am Kaltenkircher Platz die Ausfädelung der neu zu bauenden S6 in den Hamburger Westen zementiert, die im Konzept des Verständigungspapiers mit dem VCD über Diebsteich hätte geführt werden sollen.

Und so ist aktuell die Situation die, dass der Fernbahnhof Diebsteich lediglich das gleiche S-Bahn-Angebot wie der ehemalige reine S-Bahn-Halt Diebsteich haben wird. Eine bessere Integration ins S-Bahn-Netz ist nicht vorgesehen und mit dem jetzt geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn auch im Wesentlichen nicht mehr möglich.

Das bedeutet meiner Meinung: Die bisherige Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung zementiert auf Jahrzehnte, dass Diebsteich als Fern- und Regionalbahnhof unbedeutend bleiben wird. Fahrgäste aus dem übergeordneten westlichen Einzugsbereich der S-Bahn-Linien sowohl von der S6 (ehemals S32) als auch der S1 werden weiter überwiegend den Hauptbahnhof als Zubringer zum Fern- und Regionalverkehr nutzen, obwohl Diebsteich geographisch viel näher liegt, aber diese beiden S-Bahn-Linien schlicht an ihm vorbeifahren.

Wer steigt schon entweder an der Holstenstraße bzw. in Altona aus seiner S-Bahn und wartet ein paar Minuten auf die S-Bahn in die Gegenrichtung, um mit ihr zum Diebsteich zu fahren, obwohl er bereits in einer direkten S-Bahn Richtung Hauptbahnhof sitzt? Vermutlich nur wenige.

Die Grafik zeigt einen Ausschnitt des schematischen Liniennetzplans der S-Bahn, der deutlich macht, dass sowohl S1 als auch S6 Fahrgäste am Diebsteich vorbeiführen.
Nach bisherigen Planungen und auch mit den VET in seiner bisher geplanten Form werden sowohl S1 als auch S6 am Diebsteich vorbeiführen, so dass Fahrgäste voraussichtlich eher am Hauptbahnhof in den Fern- und Regionalverkehr steigen werden.

Maßnahme 3 zielt daher darauf ab, den neuen Fernbahnhof Altona-Diebsteich besser ins Schnellbahnnetz zu integrieren, um Fahrgäste aus dem übergeordneten Einzugsbereich der genannten S-Bahn-Linien vom Umstieg am Hauptbahnhof zum Umstieg am Diebsteich zu verlagern.

Grundidee und Effekte

Nach der Verlegung des Bahnhofs Altona nach Diebsteich wird das bisherige Gleisvorfeld geräumt und für den Bau des zweiten Bauabschnitts des Stadtentwicklungsgebiets Mitte Altona genutzt. Wir haben hier im Prinzip also eine ähnliche Situation wie beim Bau der U4 in die HafenCity: Das Gelände liegt brach, man könnte die Verkehrsinfrastruktur auf der grünen Wiese neu und vergleichsweise einfach in offener Bauweise errichten (was auch geringere Tunnelquerschnitte durch den Verzicht auf einen runden Querschnitt des Tunnelvortriebs ermöglicht).

Die Arbeit im noch unbebauten Gelände hat auch noch einen weiteren Vorteil: Die Trassierung und die Gradienten werden hier sicherlich sehr anspruchsvoll. Da die Fläche noch brach liegt hat man deutlich weniger Zwangspunkte, selbst die Geländeoberkante könnte in gewissen Grenzen an die Erfordernisse der Gleistrassierung angepasst werden. Man wäre sogar so frei, die Lösung gar nicht unterirdisch, sondern oberirdisch umzusetzen.

Das hätte dann natürlich aber massive Auswirkungen auf die bisherigen oberirdischen Entwicklungspläne der Mitte Altona. Aber: meines Wissens steht hier noch nichtmalmehr ein Bebauungsplan. Ich bin hier nicht ganz im Bilde, meine aber, dass die Entwicklung im Prinzip noch völlig in städtischer Hand liegt. Änderungen wären noch relativ einfach ohne Berücksichtigung privater Dritter Vertragspartner möglich.

Ob die gezeigte Lösung prinzipiell umsetzbar ist und an welchen Stellen noch optimiert werden müsste, muss natürlich wie in allen anderen Vorschlägen in diesem Beitrag in einer genaueren Machbarkeitsuntersuchung geklärt werden, die dieser Beitrag hier nicht liefern kann.

Das Neubauviertel Mitte Altona krankt ohnehin an einer relativ schlechten Anbindung an das Schnellbahnnetz, weswegen im Zuge der Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung dort eine zusätzliche neue Haltestelle geprüft wird. Die bisher angedachte Lösung scheint aber eine nur mäßig attraktive Notlösung zu sein, von der unklar ist, ob sie jemals kommt und die an den bestehenden Linienverläufen (und damit auch an der schlechten Anbindung von Diebsteich) nichts ändert.

Die hier skizzierte Idee zielt auf die Schaffung eines neuen S-Bahn-Knotens mit dem Arbeitstitel Altona Westkreuz ab, die zu einer Neuordnung der S-Bahn-Linienführung in diesem Bereich führt. Diese hat das Ziel, die Erreichbarkeit des Fern- und Regionalbahnhofs Diebsteich aus dem Hamburger Westen stark zu verbessern. Die Mitte Altona erhält zudem eine optimale Anbindung an das S-Bahn-Netz, indem im Bereich des zweiten Bauabschnitts der Mitte Altona ein zweigeschossiger Turmbahnhof entsteht.

Der Verlauf der S1 und der S6 (ehemals S32) wird getauscht – die S1 wird über die Verbindungsbahn geführt, die S6 durch den City-Tunnel. So kann in nordöstlicher Richtung eine viergleisige Bahnhofsebene entstehen, an der zumindest die S1 einen bahnsteiggleichen Übergang zu einer der aus dem City-Tunnel Richtung Diebsteich verkehrenden Linien S3 oder S4 gewährleisten kann. Das würde dazu führen, dass diese Fahrgäste mehrheitlich Diebsteich statt den Hauptbahnhof als Zustieg zum Fern- und Regionalverkehr wählen würden. Der Bedarf einer von der Verbindungsbahn kommenden, in Altona wendenden S-Bahn-Linie entfiele, da diese Relation über den bahnsteiggleichen Übergang abgedeckt würde.

Die Grafik zeigt eine Lageplanskizze des neuen Tiefbahnhofs Altona-Westkreuz wie im Text beschrieben.
Der neue unterirdische Turmbahnhof Altona-Westkreuz könnte die Mitte Altona perfekt anbinden und die Fahrgäste der Linien S1 und S6 zum Umstieg am Fern- und Regionalbahnhof Diebsteich leiten, statt sie zum Hauptbahnhof zu führen. ⓘ Hinweise zur Darstellung

Fahrgäste, die von der S6 kommend nach Diebsteich wollen, müssten allerdings umständlicher einmal die Ebene zum anderen Bahnsteig wechseln. Dennoch gehe ich davon aus, dass der Anteil derer, die diesen Umstieg nutzen, deutlich höher sein wird, als bei der bestehenden Planung.

Bei der wäre Diebsteich nur durch einen Umstieg in die Gegenrichtung an der Holstenstraße erreichbar – und den müsste man bewusst wählen, obwohl man bereits in einer Bahn sitzt, die drei Stationen später ohnehin auch am Hauptbahnhof ankommt. Bei Umsetzbarkeit der hier gezeigten Idee wäre einerseits der psychologische Effekt des „Ich fahre zurück in die Gegenrichtung“ nicht gegeben, zudem wäre der Hauptbahnhof auch erst nach deutlich längerer Fahrt nach sieben Stationen durch den City-Tunnel erreicht.

Die Lösung ist sicher nicht optimal, aber deutlich besser als die bestehende Planung. Zumal die bisherige Verbindungsbahnentlastungstunnel-Planung eine Umsetzung der S6/S32 erst nach Fertigstellung des Verbindungsbahnentlastungstunnel ermöglicht, diese Lösung wäre unabhängig davon deutlich früher umsetzbar.

Eine alternative direkte Führung der S6 mit direkter Einbindung am Fernbahnhof Diebsteich wäre wohl nur noch mit einem enormen baulichen Aufwand möglich. Zudem besteht dabei (je nach möglichen Optionen der Aus-/Einfädelung) die Gefahr, dass das nur unter großräumiger Umfahrung der noch dicht besiedelten Quartiere vom Südosten Bahrenfelds entlang der Stresemannstraße möglich wäre. Darunter würde die Erschließungswirkung und die Wirtschaftlichkeit der Linie stark leiden.

Der hohe bauliche Aufwand und die befürchtete geringere Erschließungswirkung sind insbesondere vor dem Hintergrund problematisch, da die S6 ohnehin bereits mit Wirtschaftlichkeitsproblemen zu kämpfen hat. Bei dieser Lösung könnte der bisher angedachte Linienverlauf beibehalten und dennoch der gewünschte Effekt der Verlagerung von Umsteigenden zum Fern- und Regionalverkehr nach Diebsteich erreicht werden, wenn auch nicht ganz so ideal wie wenn die Linie direkt über Diebsteich führte.

Die Grafik zeigt einen Ausschnitt des schematischen Liniennetzplans der S-Bahn mit dem im Text beschriebenen neuen Bahnhof Altona-Westkreuz
Mit dem Neubau des S-Bahn-Knotens Altona-Westkreuz könnten die mit der S1 und S6 aus dem Hamburger Westen kommenden Fahrgäste deutlich eher zum Umstieg am Diebsteich animiert werden, als mit der bisherigen Planung. Die Bedeutung von Diebsteich als Fern- und Regionalbahnhof würde gestärkt. Zudem werden die Quartiere um die Mitte Altone deutlich attraktiver mit dem ÖPNV erreichbar.

Statt wie in der bisherigen Planung den Großteil der Fahrgäste der S1 und S6 zum Fern- und Regionalverkehr am Hauptbahnhof zu leiten, wird der Großteil zum Diebsteich fahren und somit dessen Bedeutung für den Fern- und Regionalbahnhof deutlich gestärkt. Der Hauptbahnhof wird also in Kombination mit Maßnahme zwei zusätzlich von Fahrgästen entlastet. So wird der neue Fernbahnhof Diebsteich zwar nicht mehr selbst zum Schnellbahndrehkreuz, aber immerhin durch das neue Schnellbahndrehkreuz Altona Westkreuz deutlich besser erreichbar.

Zusätzlich gibt es einen weiteren Mehrwert dieser Lösung: Neben den nicht mehr benötigten Fern- und Regionalbahngleisen zum alten Bahnhof Altona entfallen auch alle oberirdischen S-Bahn-Gleise. Aus Stadtentwicklungsperspektive bietet sich somit die einmalige Chance, die Flächen weiterzuentwickeln und die Mitte Altona mit den westlich und nordwestlich gelegenen Quartieren zu verknüpfen. Lediglich das Gütergleis von Diebsteich nach Ottensen bliebe noch oberirdisch – über dessen Wichtigkeit und Relevanz und ob es noch gebraucht wird, bin ich nicht im Bilde.

Variante 2 als Rückfallebene

Sollte sich die oben gezeigte Lösung als nicht machbar herausstellen, könnte als Rückfallebene noch eine abgespecktere Variante geprüft werden. Bei dieser wird auf die viergleisige Ebene verzichtet und ein einfacher Turmbahnhof gebaut. Der Umstieg nach Diebsteich wäre für die Fahrgäste weniger attraktiv als in der ersten gezeigten Variante, aber sicherlich noch deutlich besser als im Status Quo der bisherigen Planung. Im Gegenzug wäre der bauliche Aufwand deutlich geringer und es könnte vermutlich oberirdisch an den geplanten Fernbahnhof Diebsteich angeschlossen werden. Ansonsten gelten im Wesentlichen dieselben Anmerkungen und Einschränkungen wie bei der oben gezeigten Prinzipskizze der ersten Variante.

Die Grafik zeigt eine Lageplanskizze der im Text beschriebenen Alternativvariante des Altona-Westkreuz
Eine abgespeckte Variante vom Tunnelbahnhof Altona-Westkreuz könnte so aussehen. ⓘ Hinweise zur Darstellung

Maßnahme 4: Zwei BRT/BHNS-Linien zur Entlastung des Hauptbahnhofs und Stärkung von Diebsteich

Mit den ersten drei Maßnahmen haben wir die Kapazität der Verbindungsbahn erhöht, durch die Güterumgehungs-S-Bahn den Hauptbahnhof von innerstädischem Verkehr entlastet und mit dem neuen S-Bahnhof Altona-Westkreuz die Bedeutung des Fernbahnhofs Diebstreich im Fern- und Regionalverkehr gestärkt.

Maßnahme vier schlägt mit zwei neuen hochwertigen ÖPNV-Angeboten im Straßenverkehr in dieselbe Kerbe wie die Maßnahmen 2 und 3. Eine Linie soll den Hauptbahnhof weiter von innerstädtischen Fahrgästen entlasten. Die zweite Linie soll den Fernbahnhof Diebsteich besser an die umliegenden Quartiere anbinden, um seine Bedeutung als Fern- und Regionalbahnhof weiter zu steigern. Dies geschieht diesmal aber nicht mit zusätzlichen Schnellbahnmaßnahmen, sondern durch Einführung von hochwertigen Buslinien, die an Kreuzungen und im Straßenraum konsequent priorisiert werden und einen möglichst hohen Anteil an eigener Trasse aufweisen. Man könnte das natürlich auch mit einer Straßenbahn machen, aber wir sind ja in Hamburg.

Schritt 1: Schaffung einer BRT-Halbringlinie (oder Straßenbahn) entlang des Ring 2

Um den Hauptbahnhof von Fahrgästen aus dem Schnellbahnnetz zu entlasten, die dort nur hinfahren, weil es keine besseren alternativen Querverbindungen im Hamburger ÖPNV-Netz gibt, wird entlang des Ring 2 eine hochwertige Bus- oder Straßenbahnlinie eingeführt. Genauere Details und Begründungen für diese Maßnahme sind im ausführlichen Blogbeitrag zu diesem Thema zu finden. Kurz gesagt: Der Bahnknoten Hamburg profitiert davon, da dadurch zwischen nahezu allen Schnellbahnästen Hamburgs eine attraktive und schnelle Querverbindung entsteht. Das entlastet den Hauptbahnhof, weil Fahrgäste, die heute noch mit den Durchmesserlinien über den Hauptbahnhof fahren zu dieser Linie abwandern werden.

Wer beispielsweise von der Holstenstraße zur Alten Wöhr möchte, fährt nun nicht mehr in 23 Minuten mit der S21 (nach neuem Netz bald S2) zum Hauptbahnhof und steigt dort um in die S1. Stattdessen fährt man einfach den direkten Weg und braucht damit bei konsequenter Umsetzung der Idee nur noch etwa 15 Minuten. Diese Maßnahme schafft also zusätzlich zum S-Bahn-Halbring, eine weitere hochattraktive Querverbindung entlang der äußeren Bereich der hochverdichteten Kernstadt Hamburgs. Als ich dieses Konzept erarbeitete, gab es die Idee zum neuen S-Bahn-Knoten Altona Westkreuz noch nicht. Die Karte ist alt, aktualisiert würde die Linie wohl an Altona-Westkreuz statt an Altona-Alt enden.

Hier zum ausführlichen Blogbeitrag: Ein BRT-System für Hamburg.

Die Grafik zeigt einen Stadtplan Hamburgs mit Schnellbahnnetz und grob entlang des Ring 2 verlaufend dem neuen BRT-System.
Eine Halbringlinie entlang des Ring 2 mit einem hochwertigen Bus auf eigener Trasse oder einer Straßenbahn könnte den Hauptbahnhof von Fahrgästen entlasten. Grafik aus dem Artikel zum BRT-System für Hamburg, andere Maßnahmen daher nicht dargestellt. Klicken zum Vergrößern.
Schritt 2: Schaffung einer weiteren BRT-Linie (oder Straßenbahn) zur besseren Anbindung des Fern- und Regionalbahnhofs Diebsteich an die umliegenden, dicht besiedelten Quartiere

Während der Halbring zum Ziel hat, Fahrgästen im ÖPNV-Netz andere Fahrtmöglichkeiten abseits des Hauptbahnhofs zu bieten, zielt dieser zweite Schritt darauf ab, Fahrgäste zum Umstieg in den Fern- und Regionalverkehr am Diebsteich zu bewegen.

Über die Lage des neuen Bahnhofs wird immer viel gespottet. Dort sei ja nur ein Friedhof und sonst nichts. Ein Fernbahnhof in einer Millionenstadt und doch im Nirgendwo. Ich sehe das ehrlich gesagt ein bisschen anders. Denn unmittelbar östlich liegen mit den Stadtteilen Eimsbüttel und Hoheluft-West zwei hochverdichte Stadtteile, die beide etwa knapp 20.000 Einwohner je Quadratkilometer aufweisen. Auch die südlich angrenzenden Gebiete, der Südosten Bahrenfelds und der Stadtteil Altona-Nord sind hochverdichte Gebiete Hamburgs.

Insgesamt wohnen so knapp 140.000 Menschen in einem Umkreis von 2 Kilometern um den neuen Bahnhof Diebsteich. Keiner der bestehenden Fern- und Regionalbahnhöfe erreicht in einem nahräumlichen Umfeld so hohe Einwohnerwerte wie der Standort am Diebsteich. Nichtmalmehr der bestehende Bahnhof Altona.

Der Vorwurf, Diebsteich würde im Nichts entstehen, entspricht überhaupt nicht den Tatsachen und kann getrost als alternativer Fakt bezeichnet werden. Fakt ist: Keiner der vier aktuellen Fernbahnhöfe Hamburgs (Hauptbahnhof, Altona-Alt, Harburg und Bergedorf) weist in einem 2-Kilometer-Umkreis so viele Einwohner wie Diebsteich auf. Altona-Alt erreicht mit knapp 120.000 immerhin noch einen ähnlichen Wert. Hauptbahnhof, Harburg und Bergedorf hingegen sind mit jeweils 50.000 – 60.000 Einwohnern weit abgeschlagen. Selbst in einem Umkreis von nur einem Kilometer wohnen trotz Friedhof und Gewerbegebiet um Diebsteich mehr Menschen als um den Hauptbahnhof, Bergedorf oder Harburg.

Der Punkt wird denke ich klar: Diebsteich ist kein Bahnhof im Nichts, sondern liegt inmitten von Teilen der Bereiche Hamburgs mit der höchsten Einwohnerdichte. Die Anbindung macht den Unterschied, ob der Bahnhof genutzt wird oder nicht. Um den Hauptbahnhof zu entlasten, liegt hier also ein enormes Potential. Ziel muss eigentlich sein, alle in einem Umkreis von 2-3 Kilometern um Diebsteich herum lebenden Menschen zum Umstieg in den Fern- und Regionalverkehr am Diebsteich zu bewegen.

Leider besteht das in Maßnahme 3 beschriebene Problem im übergeordneten Einzugsbereich des Bahnhofs, der von den S-Bahn-Linien abgedeckt wird, in ähnlicher Form auch im Nahumfeld des Bahnhofs. All diese im direkten Umfeld wohnenden Menschen haben keine verlässliche und schnelle Anbindung an den Diebsteichbahnhof, und bisher ist auch keine vorgesehen. Man darf also erwarten, dass beispielsweise der Großteil der Menschen in Eimsbüttel mit der U2 zum Hauptbahnhof fahren wird, um dort zum Fern- und Regionalverkehr umzusteigen. Und das, obwohl Diebsteich geografisch viel näher liegt.

Daher gilt es, möglichst rasch nach Eröffnung des neuen Fernbahnhofs attraktive Buslinien auf überwiegend eigener Trasse und auf direktem Weg aus diesen Stadtteilen an den Diebsteich anzubinden. Im Idealfall wird diese Linie über den Diebsteich durchgebunden, um auch noch die hochverdichteten Bereiche vom Südosten Bahrenfelds entlang der Stresemannstraße mit anzubinden. Altona-Nord und der Südosten Bahrenfelds sind dann darüber hinaus ja auch gut durch den in Maßnahme 3 beschriebenen neuen S-Bahn-Knoten Altona-Westkreuz an Diebsteich angebunden.

Die Grafik zeigt einen Stadtplan mit der im Text beschriebenen neuen BRT-Linie zur Anbindung des Fern- und Regionalbahnhofs Diebsteichs mit den umliegenden Quartieren.
So ähnlich könnte eine BRT/BHNS-Linie den Fernbahnhof Diebsteich hochwertig an die umliegenden Quartiere anbinden, um seine Bedeutung im Fern- und Regionalverkehr zu steigern. Im Zusammenspiel mit dem in Maßnahme 3 beschriebenen neuen S-Bahn-Knoten Altona-Westkreuz wäre Diebsteich so deutlich besser in das ÖPNV-Netz Hamburgs eingebunden. Linienverlauf sowie Anzahl und Lage der Haltestellen nur symbolisch. Als ich den BRT-Halbring erarbeitete, gab es die Idee zum neuen S-Bahn-Knoten Altona Westkreuz noch nicht. Die Linienführung ist alt, aktualisiert würde die Halbringlinie entlang des Ring 2 wohl an Altona-Westkreuz statt an Altona-Alt enden.

Die Linie bietet dann eine hochattraktive Querverbindung zwischen der U2 und S1 und bindet die Einwohner dieser Stadtteile attraktiv und schnell an den Fernbahnhof Diebsteich an. Wenn die Linie konsequent im Straßenraum priorisiert wird und sich die Fahrgäste auf einen schnellen und stabilen Betrieb verlassen können, könnte es sogar gelingen, Fahrgäste im Einzugsbereich der nördlichen U2 zum Umstieg über diese neue Linie am Diebsteich zu bewegen, statt dass sie wie bisher zum Hauptbahnhof durchfahren und erst dort in den Fern- und Regionalverkehr steigen. Der hier dargestellte Linienverlauf kann natürlich nur einen ersten Aufschlag darstellen. Ideal wäre auch noch eine Anbindung an die BHNS-Halbringlinie. Ob und wie das möglich ist, müsste im Weiteren detaillierter geprüft werden.

Davon profitiert nicht nur die Bedeutung des Fern- und Regionalbahnhofs am Diebsteich, sondern es werden auch hochwertige Querverbindungen von Eimsbüttel in den Hamburger Westen oder in Richtung des nordwestlichen Umlands Hamburgs geschaffen, die bis heute im ÖPNV nur unter großen Umwegen im Schnellbahnnetz zu absolvieren wären.

Das Grundprinzip folgt dem BHNS/BRT-Gedanken, der bereits im unter Schritt 1 verlinkten Blogbeitrag zur BRT-Linie entlang des Ring 2 beschrieben ist. Aufgrund der in diesen Stadtteilen engen Straßenräume ist ein hoher Anteil eigener Trasse wohl nur schwerer erreichbar als entlang des Ring 2. Aber es gibt auch in solchen Straßenräumen gute und effektive Möglichkeiten, den ÖPNV gut zu bevorrechtigen und eine zuverlässige Betriebsqualität zu erreichen.

Maßnahme 5: Das Berliner Tor wird zum Skandinavientor

ⓘ Hinweise zu Maßnahme 5
Maßnahme 5 zu guter Letzt berührt alle vier eingangs genannten Ziele und beinhaltet eine Aufwertung des Berliner Tor zu einem Fern- und Regionalbahnhof. Dieser neue Bahnhof mit dem Arbeitstitel Skandinavientor wird die mit der festen Fehmarnbeltquerung stark zunehmenden Skandinavienverkehre aufnehmen, die dann nicht mehr über den Hauptbahnhof verkehren und so für Entlastung dort sorgen.

Der neue Bahnhof wird in südliche Richtung durch eine etwa 3 Kilometer lange Neubaustrecke entlang des Heidenkampsweg mit einem Ast an die Bestandsstrecken in Rothenburgsort Richtung Berlin und an den Elbbrücken mit einem anderen Ast an die Bestandsstrecken Richtung Harburg angebunden, wodurch eine zusätzliche Entlastung der Elbbrücken entsteht. Hierfür müssten im Bereich der Billhorner Brückenstraße die heutigen Kfz-Flächen genutzt und neu geordnet werden, auch die Planung zur Entwicklung des neuen Huckepackbahnhofs in Rothenburgsort müsste angepasst und die Flächen für die Ein-/Ausfädelung freigehalten werden. Hier existiert meines Wissens bereits ein Bebauungsplan, bisher ist aber noch keine der für die Bahnbauwerke nötige Fläche bebaut. Über den aktuellen Stand der Entwicklungen dort bin ich nicht im Bilde.

Durch den neuen Fern- und Regionalbahnhof Skandinavientor entstehen einerseits hochattraktive Direktverbindungen aus Skandinavien Richtung Süddeutschland und Berlin, andererseits aber auch spürbare Entlastungseffekte für den Hamburger Hauptbahnhof. Alle Fernverkehrslinien und ein Großteil des Regionalverkehrs von und nach Richtung Lübeck würden den Hauptbahnhof umfahren und stattdessen am heutigen Berliner Tor halten. Gut eingebunden in den städtischen Nahverkehr könnten dann neben dem Diebsteich und dem Hauptbahnhof auch von dort Fernververkehrsverbindungen in die bedeutenden Relationen Richtung Berlin und Harburg/Bremen/Hannover und weiter nach Süddeutschland wahrgenommen werden.

Bisher scheiterten viele durchgebundene Verbindungen aus Skandinavien am Hamburger Hauptbahnhof. Mit dieser Lösung würde Hamburg nun ein attraktives Tor Richtung Nordeuropa werden und deutlich besser in das übergeordnete europäische Eisenbahnetz eingebunden werden können. Gleichzeitig würde ein starker Entlastungseffekt für den Hauptbahnhof erreicht. Die folgende schematische Darstellung des Bahnknotens Hamburg macht den Grundgedanken hoffentlich besser nachvollziehbar.

Schematische Darstellung der vom Fern- und Regionalverkehr nutzbaren Strecken im bestehenden Planungsfall (links vom Schieberegler) und bei Umsetzung der hier vorgestellten Vision (rechts vom Schieberegler, stellt Maßnahme 1 und Maßnahme 5 dar). Zum Wechseln Schieberegler hin und her schieben.

Eine ähnliche Idee hat der Bund ohnehin für Hamburg im Hinterkopf – sie widerspricht aber den VET-Untersuchungen und lässt viele Fragen aufkommen

Dieser neue Bahnhof am Berliner Tor mit den neu zu bauenden Anbindungen mag sicher sehr aufwendig und unrealistisch erscheinen. Tatsächlich hat der Bund aber zur Erreichung ähnlicher Ziele deutlich aufwendigere Ideen im Kopf, da langfristig zusätzlich zum S-Bahn-VET ein neuer Fernbahntunnel unter dem Hauptbahnhof entstehen könnte. Und dass das Berliner Tor zum Regionalbahnhalt umgebaut werden soll, ist ohnehin bereits in Überlegung und in einem ersten Schritt positiv geprüft worden. Natürlich umfasste diese Prüfung bisher nur den Bau von Bahnsteigen entlang der bestehenden Gleise und keine so umfassenden Neubauten.

Aber die grundsätzliche Idee einer Aufwertung des Bahnhofs Berliner Tor existiert bereits. So unrealistisch erscheint eine solche Lösung für den Bahnknoten Hamburg angesichts dieser Entwicklungen also gar nicht, zumal sie deutlich weniger aufwendig und klimaschädlich scheint als der vom Bund angedachte zusätzliche Fernbahntunnel.

Die Idee des Bunds verfolgt zwar betrieblich ähnliche Ziele, ist allerdings etwas anders als meine gelagert: Sie sieht einen Fernbahntunnel vor, der von beiden Bahnstrecken im Osten kommend abtaucht. Etwa an der S-Bahn-Station Rothenburgsort soll der Tunnel von Berlin kommend abtauchen, von Lübeck kommend etwa an der S-Bahn-Station Landwehr. Dann soll es in Ost-West-Richtung unter dem Hauptbahnhof durchgehen, wo ein viergleisiger Tiefbahnhof entstehen soll. Anschließend geht es in einem großen Bogen gen Süden Richtung Harburg. Im Bereich HafenCity ist eine zusätzliche Station für den Regionalverkehr als Option enthalten. Auftauchen soll der Tunnel dann irgendwo in Wilhelmsburg, um an die bestehenden Bahnstrecken nach Harburg anzuschließen.

Merkwürdigerweise weist diese Idee fast alle Nachteile auf, wegen der ein Fernbahntunnel als Alternative zum nun geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn ausgeschlossen wurde. Zudem sind für diesen Tunnel deutliche Widersprüche zu den Grundannahmen bei der Alternativprüfung zum S-Bahn-VET erkennbar:

  • es müsste in großer Tiefe (etwa 40 Meter) unter dem Hauptbahnhof ein Tiefbahnhof gebaut werden. Das ist sehr aufwendig und die Machbarkeit unklar. Die Reisendenführung wäre stark verkompliziert, weil sowohl oberirdisch als auch in großer Tiefe Fern- und Regionalverkehre stattfinden. Die Umstiegswege wären darüber hinaus sehr umständlich und lang.
  • ein Rettungskonzept für den Bahnhof in so großer Tiefe mit dem zu erwartenden Umstiegsströmen wäre bei 750.000 Fahrgästen täglich enorm kompliziert und die Machbarkeit unklar. Es würde bei der erwarteten Masse an Menschen sehr große und breite Zugangs- und Erschließungsbauwerke und Entfluchtungswege mit sich bringen, die bei den begrenzten Platzverhältnissen am Hauptbahnhof wohl nur sehr schwierig realisierbar wären
  • während die maximalen Längsneigungen bei der VET-Alternative so gesetzt waren, dass die Tunnel etwa 5 bis 7,5 Kilometer vor dem Hauptbahnhof beginnen müssten, sind in dieser Idee plötzlich nur noch 2-3 Kilometer von Landwehr bzw. Rothenburgsort aus nötig. Hier stellt sich die Frage, worin diese unterschiedlichen Planungsparameter begründet sind.
  • Die hier vorgesehene Aufteilung auf zwei Tunnelzufahrten zu beiden östlichen Bahnstrecken (nach Lübeck und Berlin) war in der VET-Alternative wegen des zu hohen baulichen Aufwands ausgeschlossen worden, hier scheint dies kein größeres Problem mehr darzustellen. Im Kurzgutachten zur S-Bahn-VET-Alternative hieß es dazu: „Eine Lösung mit 2 Tunnelanbindungen im Ostkopf würde […] Abhilfe verschaffen, lässt aber die Baukosten stark weiter ansteigen. Mit dieser Lösung hätte man den Entlastungseffekt und die gewünschte Flexibilität vergleichbar mit dem S-Bahn-Tunnel.“
  • Die CO₂-Bilanz dieses neuen Tunnels wäre vermutlich unterirdisch

Das heißt, der Bund will zusätzlich zum Verbindungsbahnentlastungstunnel der S-Bahn langfristig einen Fernbahntunnel, der aber wesentliche Kerncharakteristika aufweist, wegen denen ein Fernbahntunnel als Alternative zum Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn ausschied. Vergleicht man die hier vorgeschlagene Lösung mit dem vom Bund angedachten zusätzlichen Fernbahntunnel, dürfte die Idee vom Bund wohl haushoch verlieren. Vorausgesetzt natürlich, man misst dabei mit demselben Maß wie im SMA-Kurzgutachten zum S-Bahn-VET vs. Fernbahntunnel.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Verbindungsbahnentlastungstunnel der S-Bahn überhaupt noch benötigt würde, gäbe es diesen zusätzlichen Fernbahntunnel. Vor diesem Hintergrund erscheint mir sehr merkwürdig, warum die bisherigen Planungen des Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn so vehement durchgesetzt werden, trotz all der Nachteile, Kosten und des begrenzten Nutzens, den er hat.

Hier zum ausführlichen Beitrag zur bisherigen VET-Planung: Vertane Chancen, zementierte Probleme.

Das Skandinavientor schafft neue betriebliche Möglichkeiten und Entlastung für den Hauptbahnhof

Legt man den Verbindungsbahnentlastungstunnel in seiner bisherigen Form und auch den angedachten Fernbahntunnel des Bunds zu den Akten und realisiert stattdessen die hier angedachte Maßnahme 5, ergeben sich nahezu dieselben betrieblichen Möglichkeiten und Entlastungseffekte für den Hauptbahnhof. Nur ohne die Nachteile eines langen Tunnels inklusive neuem Bahnhof in großer Tiefe unter dem bestehenden Hauptbahnhof. Statt die zusätzlichen Kapazitäten mit vier neuen Bahnsteigkanten 40 Meter unter dem Hauptbahnhof zu schaffen, schafft man sie schlicht am Berliner Tor.

Man schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Entlastung des am Ende der Belastbarkeit angekommenen Hauptbahnhofs bei gleichzeitiger Kapazitätserweiterung des Bahnknotens Hamburg insgesamt und Ermöglichen der Durchbindung des Skandinavienverkehrs. Und das ganze auch noch vermutlich zu einem Bruchteil der Kosten, die der Fernbahntunnel mit Tiefbahnhof kosten würde.

Die Grafik zeigt eine Übersichtskarte der im Text beschriebenen Lösung des Fern- und Regionalbahnhofs Skandinavientor
So ähnlich könnte der neue Fern- und Regionalbahnhof Skandinavientor in das bestehende Netz eingebunden werden. Die Darstellung enthält auch alle weiteren im Beitrag beschriebenen Maßnahmen wie zum Beispiel die Kombilösung als S-Bahn-VET-Ersatz sowie die S-Bahn über die Güterumgehungsbahn. Klicken zum Vergrößern.

Die Lösung könnte voraussichtlich vollständig oberirdisch errichtet werden, wodurch sowohl die Kosten als auch die CO₂-Emissionen beim Bau deutlich geringer ausfielen. Dafür müsste allerdings das Kfz-Netz neu geordnet werden und die Flächen der Straße Bürgerweide östlich des Bestandsbahnhofs Berliner Tor vollständig oder nahezu vollständig für den neuen Fern- und Regionalbahnhof umgenutzt werden. Ich halte das für die Lösung, die die Vernunft gebietet.

Ansonsten wäre natürlich auch eine unterirdische Lösung möglich, ähnlich wie es der Bund bei seinem Fernbahntunnel plant. Ich persönlich bin kein großer Freund von gigantischen Tunnelbauprojekten. Wir haben im Prinzip bereits ausreichend Verkehrsflächen, wir müssen sie schlicht umnutzen. Warum sollten wir für viel Geld, Aufwand, Bauzeit und CO2-Emissionen neue schaffen? Zudem halte ich es für wichtig, dass öffentlicher Verkehr in einer Stadt sichtbar ist. Er ist stadtbildprägend und trägt enorm zum Charme und Atmosphäre einer Großstadt bei. Man möge sich den Hafen ohne U3 vorstellen, oder Berlin ohne Stadtbahnstrecke.

Ich halte aus den genannten Gründen eine oberirdische Lösung für deutlich besser und gigantomanische Tunnelprojekte für Lösungen, die auch vergleichbar ohne Tunnel gingen, für schlicht nicht mehr zeitgemäß. Solche massiven Tunnelprojekte können meiner Ansicht nach im Prinzip auch nicht im Sinne einer nachhaltigen Verkehrswende sein. Die CO2-Emissionen beim Bau wären so groß, dass der positive Effekt der damit erreichten Verkehrsverlagerungen das erst nach Jahrzehnten wieder kompensiert. Aus unter anderem diesem Grund hält auch der stadteigene Klimabeirat die U5 für verfehlt und ohne relevanten Nutzen für den Klimaschutz. Die gleiche Problematik greift auch beim S-Bahn-VET und dem in Überlegungen befindlichen zusätzlichen Fernbahntunnel. Wir sollten damit aufhören und stattdessen bereits bestehende oberirdische Verkehrsflächen umnutzen. Neue, lange Tunnel stattdessen nur dann bauen, wenn es wirklich nicht anders oberirdisch geht.

Die Neubaustrecke weiter vom Berliner Tor Richtung Süden könnte auf Ebene +1 auf Viaduktbögen in Mittellage durch den Heidenkampsweg errichtet werden. Ich bin kein Experte für Lärmschutz. Aber da dort im Prinzip keine oder kaum Wohnnutzung existiert könnte durch die geringe Anzahl an betroffenen Anwohnern die Anforderungen an den Lärmschutz überschaubar sein. Zudem existiert mit dem Heidenkampsweg und im weiteren Verlauf an der Billhorner Brückenstraße bereits der massive Kfz-Verkehr als großer Lärmemittent.

Für das Kfz-Netz hätte diese Lösung natürlich umfassende Neuordnungen zur Konsequenz. Der Knoten Anckelmannsplatz müsste wohl, so man nicht mit einer deutlichen Reduktion und/oder Umleitung des Kfz-Verkehrs plant, unterirdisch neu geordnet werden. Es sollte aber intensiv debattiert werden, ob so massive Kfz-Infrastrukturen für das Zielbild des zukünftigen innerstädtischen Verkehrs in etwa 20 Jahren überhaupt noch zeitgemäß sind. Für das Gebiet um den Anckelmannsplatz und die Spalding-/Nordkanalstraße böten jedenfalls beide Varianten enorme Entwicklungs- und Aufwertungspotentiale. Gerade vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark vorangetriebenen Umstruktuierung von Hammerbrook für mehr Wohnnutzung könnte diese Maßnahme ein weiterer Impulsgeber für die Entwicklung als lebendiger und attraktiver Stadtteil sein.

Der Nordarm des Knotens Anckelmannsplatz, also die B75 in die Bürgerweide, würde gekappt, da auf den dortigen Flächen ja die neuen Fern- und Regionalbahnsteige entstünden. Die B75 geht aber ohnehin etwa einen Kilometer weiter nördlich an der Wartenau in die B5 auf. Bei Umsetzung dieser Maßnahme würde die B75 daher nun bereits östlich des Anckelmannsplatz in die B5 aufgehen und die Verkehre über die Eiffestraße, Burgstraße, Landwehr zur Wartenau geführt.

Vergleicht man die Vor- und Nachteile dieser Lösung mit der Idee des Fernverkehrstunnels des Bunds, ergeben sich meiner Ansicht nach eine ganze Reihe von Vorteilen, die für die hier gezeigte Lösung sprechen:

+ähnliche betriebliche Möglichkeiten wie Idee des Bundes: Durchbindung des Skandinavienverkehrs aus Lübeck sowohl in Richtung Berlin als auch nach Süddeutschland ohne Kopfmachen sowie neue und flexiblere Linien/Durchbindungen im Regionalverkehr möglich
+leicht höhere Resilienz des Netzes durch die zusätzliche Norderelbquerung und die mögliche Umfahrung des Hauptbahnhofs im Störungsfall
+deutlich geringerer baulicher Aufwand und Kosten, kein langer Tunnel nötig, kein Tiefbahnhof am Hauptbahnhof mit fraglichem Rettungskonzept bei den erwarteten Fahrgastmengen nötig
+dadurch auch deutlich geringere CO₂-Emissionen beim Bau und deutlich geringere Bauzeiten
+deutlich stärkere Entlastung des Hauptbahnhofs möglich
+Chancen für die Aufwertung und Entwicklung des Gebiets um die Bürgerweide und den Anckelmannsplatz durch Entfall der Kfz-Verkehrsflächen
Durchbindung Regionalverkehr und Fernverkehr aus Richtung Büchen nach Süddeutschland nicht ohne Kopfmachen möglich (die Idee vom Bund würde das bieten; ob das sinnvolle Linien ermöglicht, ist eine andere Frage)
anspruchsvolle freimraumplanerische und städtebauliche Einbindung des neuen Bahnhofs in Bürgerweide und Anckelmannsplatz
möglicherweise stärkere Lärmschutzproblematik
Neuordnung Kfz-Netz, entweder deutliche Reduktion oder aufwendige Straßentunnel im Bereich Anckelmannsplatz nötig
…sicher noch einige andere, die mir nicht bewusst sind. Ich freue mich, wenn jemand den Ansatz weiterdenkt und diese Problempunkte optimiert.

Als letzte der Maßnahmen könnte Maßnahme 5 also zusätzlich zum neuen Fern- und Regionalbahnhof am Diebsteich eine spürbare Entlastung des Hauptbahnhofs bringen. Durch die klare Aufgabenverteilung und einer möglichen Umbenennung des Berliner Tors zum Skandinavientor (Arbeitstitel) wäre auch eine einfache und verständliche Reisendenführung möglich. So würde allein anhand der Namensgebung klar, dass alle Verkehre Richtung Skandinavien nur über diesen Bahnhof erreichbar wären.

Fazit – ein zukunftsfähigerer Bahnknoten Hamburg?

Die vorgestellten Maßnahmen stellen erste Ansätze dar, wie der Bahnknoten Hamburg langfristig fit für die Zukunft gemacht werden könnte. Die Maßnahmen sind sicherlich nicht optimal und auch nicht exakt in der hier gezeigten Form umsetzbar, das ist mir bewusst. Sie sollen nur Möglichkeiten von Alternativen aufzeigen, die weiter gedacht werden müssen. Es können auch andere Lösungen gut funktionieren und besser sein.

Unabhänging von den Maßnahmen 2 bis 5 könnte die als Kombilösung bezeichnete Maßnahme 1 einen Ersatz des bisher geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnels für die S-Bahn darstellen. Solche Möglichkeiten sollten tiefer geprüft werden, bevor mit dem Verbindungsbahnentlastungstunnel Tatsachen geschaffen werden, die die bestehenden Strukturen und damit auch deren Probleme langfristig zementieren. Über die Nachteile der bisherigen Planung habe ich bereits im ersten Teil dieses Beitrags ausführlich geschrieben.

Die hier vorgeschlagenen fünf Maßnahmen könnten die Verkehrsströme langfristig entzerren und den Hauptbahnhof deutlich entlasten. Die S-Bahn entlang der Güterumgehungsbahn und die BRT-Halbringlinie entlang des Ring 2 entlasten den Hauptbahnhof vom innerstädtischen Verkehr. Gleichzeitig wird durch das Westkreuz Altona und die weitere BRT-Linie im Hamburger Westen die Bedeutung von Diebsteich als weiterer Knoten im Fern- und Regionalverkehr gestärkt und der Hauptbahnhof von Umsteigern entlastet.

Gleiches gilt für den neuen Fern- und Regionalbahnhof am Berliner Tor, der alle Verkehre von und nach Skandinavien auf sich nimmt. Da Berliner Tor hervorragend ins bestehende ÖPNV-Netz eingebunden ist, wird erwartbar ein relevanter Teil des Umsteigsverkehrs von/zum Fern- und Regionalverkehr aus dem östlichen Einzugsgebiet des Hauptbahnhofs dorthin verlagert. Hamburgs Bedeutung im europäischen Eisenbahnnetz wird gestärkt und somit zusätzlicher Druck vom Hauptbahnhof genommen.

Die Grafik zeigt eine Übersichtskarte Hamburgs mit allen im Text beschriebenen fünf Maßnahmen sowie den ohnehin geplanten U- und S-Bahn-Projekten.
So ähnlich könnte ein Zielbild für einen zukunftssicheren Bahnknoten Hamburg aussehen. Die Darstellung zeigt den Zielzustand mit allen fünf beschriebenen Maßnahmen sowie den unabhängig davon ohnehin geplanten U- und S-Bahnerweiterungen. (Klicken zum Vergrößern)
Der Verbindungsbahnentlastungstunnel in seiner jetztigen Form ist, wie ich im ersten Teil des Beitrags ausführlich argumentierte, meiner Meinung nach eine Fehlkonzeption. Gleichzeitig bietet er aber die Chance, das Momentum zu nutzen und den Bahnknoten Hamburg umfassend neu zu denken. Dieser Beitrag stellt einen ersten Aufschlag dazu dar. Mir ist völlig unklar, warum bisher keine Alternativen zum Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn geprüft wurden oder die Öffentlichkeit darüber zumindest im Unklaren gelassen wurde. Es gibt im Prinzip keine nachvollziehbare Begründung dafür, woraus sich die aktuelle Planung ergeben hat und warum gerade diese Lösung nun mit so großer Vehemenz verfolgt wird.

Wichtig bei der Findung von Alternativen zur bisherigen Planung ist meiner Meinung nach nur: Sie müssen aufeinander abgestimmt auf die eingangs erwähnten vier Ziele ausgerichtet sein. Die Maßnahmen müssen ineinander greifen und ganzheitlich gedacht sein.

Maßnahmen, die den überlasteten Hauptbahnhof noch weiter belasten, statt ihn zu entlasten, scheinen mir widersinnig. Die hier gezeigten Maßnahmen zeigen erste Ansätze auf, wie eine Entzerrung der Fahrgastströme und eine Entlastung des Hauptbahnhofs aussehen könnte.

Wie immer freue ich mich sehr über Rückmeldungen und insbesondere über Gegenmeinungen. Nutzen Sie dafür gerne das bereitgestellte Kontaktformular.

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