Im ersten Teil dieses Beitrags habe ich argumentiert, dass all die technischen Neuerungen und Innovationen, die den Schienengüterverkehr digitalisieren und automatisieren sollen, keine Gamechanger sein werden. Aber auch damit wird die Schiene dem LKW kaum Marktanteile abgewinnen können. Kernproblem des ganzen ist nämlich ein anderes: Der seit mehr als 200 Jahren nicht reformierte grundsätzliche Produktionsprozess der Zugbildung, bei dem zeitaufwendig und kostenintensiv Züge immer und immer wieder neu zusammengestellt werden müssen. Die Lösung könnte etwas sein, dass ich modularer Schienengüterverkehr nennen möchte.

Ich habe im ersten Teil dieses Beitrags ausführlich hergeleitet, warum ich das so sehe und wo die wahren Problemursachen der fehlenden Konkurrenzfähigkeit des SGV liegen. Vorab: Die Inhalte dieser Beiträge stammen alle ursprünglich aus einer Projektarbeit im Rahmen meines Masterstudiums aus dem Jahr 2019. Sie sind nicht mehr ganz aktuell, die grundlegenden Zusammenhänge sind aber immer noch dieselben.
Hier zum ersten Teil: Warum die Schiene dem LKW kaum Konkurrenz macht.

Für die Kurzfassung stellen Sie sich folgende Situation vor:
Sie wollen von einem kleinen Ort in einen anderen kleinen Ort am anderen Ende der Republik fahren.
Statt sich ein Ticket für eine Verbindung mit mehreren Umstiegen zu kaufen, ein paar Mal den Zug zu wechseln und irgendwann anzukommen läuft Ihre Reise so ab: Zunächst müssen Sie sich selbst um einen Waggon kümmern. Entweder mieten oder kaufen. Jeder Fahrgast braucht nämlich seinen eigenen. Sie können auch nicht einfach umsteigen. Ihr Waggon muss bei jedem Wechsel des Zuges abgekoppelt und an einen neuen Zug wieder angekoppelt werden, um mit Waggons anderer Fahrgäste einen neuen Zug in die gleiche Richtung zu bilden. Immer und immer wieder, bis Sie am Zielbahnhof sind.

Natürlich können Sie gerne noch ein paar andere Leute mit in Ihrem Waggon mitnehmen, wenn Sie wollen. Aber im schlechtesten Fall funktioniert Ihr Waggon nur für Menschen. Wenn Sie mal in die Verlegenheit kommen, Ihren Hund oder etwa Gepäck mitnehmen zu wollen, müssen Sie sich dafür dann jeweils nochmal extra Waggons mieten oder kaufen. Die können Sie dann aber nur für Hunde oder Gepäck nutzen.

Wenn Sie nicht wirklich ein Vermögen bezahlen wollen, müssen Sie übrigens in jedem Umstiegsbahnhof auf genügend Fahrgäste in die gleiche Richtung warten. Sie haben daher keine Ahnung, wann Sie eigentlich ankommen. Denn der ganze Aufwand lohnt sich natürlich erst, wenn eine kritische Masse an Waggons mit gleichem Ziel erreicht ist. Wenn die Lok nur Ihren einzelnen Waggon zieht, hätten Sie ja schließlich auch gleich Auto fahren können.

Klingt absurd, oder? Genau so funktioniert aber im Wesentlichen unverändert seit Erfindung der Eisenbahn das Konkurrenzprodukt zum LKW, der sogenannte Einzelwagenverkehr. Und so gewinnt man natürlich keine Marktanteile vom LKW zurück.

Wenn die Schiene wieder konkurrenzfähig werden soll, müssen wir an genau diesem Problem ansetzen. Wir müssen zu einem Punkt kommen, an dem der Güterverkehr genauso einfach und unkompliziert wird, wie der Personenverkehr.

Das heißt: Die Züge bilden weitestgehend feste Einheiten. Ladegut und Wagenmaterial sind voneinander getrennt. Nicht der Waggon wechselt den Zug, sondern lediglich das Ladegut „steigt um“. Die Logistikdienstleister buchen sich einfach nur ein Ticket für ihr Ladegut, das in standardisierten Einheiten (den Modulen) auf zwischen den Knoten verkehrenden Fahrplangüterzügen transportiert wird.

Das Gute: Alles, was wir dafür brauchen, ist in den Grundzügen schon vorhanden. Die ganze Sache gibt es nämlich schon heute als kombinierten Verkehr. Wir müssen die ganze Sache nur auf alle Güterarten ausweiten und konsequent im gesamten Netz umsetzen.

Die Grundidee: Komplette Neuausrichtung der Produktionsprozesse durch den Modularen Schienengüterverkehr

Ich denke: Um gegenüber dem Verkehrsträger Straße wieder wettbewerbsfähig zu werden, muss das Ziel vor allem sein, den teuren und langsamen Zugbildungsprozess zu überwinden. Das gute daran ist, dass die grundsätzlichen technischen Lösungen dafür bereits existieren und praktiziert werden. Man muss das ganze „nur“ umfassend neu denken und in der Fläche aufsetzen. Diese Grundidee möchte ich als „modularen Schienengüterverkehr“ bezeichnen.

Das heißt: Was mit beispielsweise Containern und Tankcontainer bereits heute funktioniert, muss ausgeweitet werden. Ziel des ganzen ist, dass das bisherige starre Wagenkonzept aufgebrochen wird und Wagen und Ladegut unabhängig voneinander funktionieren.

Dies kann durch ein modulares System erreicht werden, das auf den Standardmaßen des im internationalen Warenverkehr gebräuchlichen 20- beziehungsweise 40-Fuß-Containers basiert. Dadurch werden Wagen und Ladegutaufbau voneinander getrennt. Rangierbewegungen zur Änderung der Ladungszusammenstellung eines Zuges sind dadurch nicht mehr nötig, da nur noch das Ladegut vom Waggon gehoben werden muss, anstelle die Waggons zu bewegen.

Bekannt ist dieses Vorgehen bereits in den Grundzügen aus dem oben beschriebenen Produktionsprozess des kombiniertem Verkehr. Oder natürlich auch aus dem Personenverkehr, wo nur die Person den Zug wechselt, nicht der Waggon, in dem die Person sitzt.

Es muss im Prinzip nur noch dafür gesorgt werden, dass es neben Tankcontainern, Wechselbrücken und Containern auch spezielle Tragmodule für die Ladegüter gibt, die heute spezielle Waggons erfordern – zum Beispiel für Holz, Schüttgut, Autos, Tautlinern/Schiebewagen, was auch immer. Da diese Module auf dem bereits heute standardisierten 20 bzw. 40-Fuß-Containermaßen basieren, müssen sie idealerweise so konstruiert werden, dass sie problemlos auch auf einen Containerauflieger an einem LKW gehoben werden können.

Im ersten Teil des Beitrags habe ich in einer Grafik viele verschiedene Güterwaggons vorgestellt, die alle für bestimmte zu transportierende Güterarten geeignet sind. Für genau die müssen schlicht 20 bzw. 40 Fuß Standardeinheiten entwickelt werden.

Was wir heute schon aus dem kombinierten Verkehr kennen – Container, Tanktainer oder Wechselbrücken, muss standardisiert auf alle anderen Güterarten wie z.B. Autos, Holz, Schüttgüter etc. ausgeweitet werden. So können die einzelnen Module mit unterschiedlichsten Gütern als 20 oder 40 Fuß Module auf den Flachwagen und im Vor- und Nachlauf auf dem LKW transportiert werden, statt für jedes Gut einzelne Waggons zu benötigen.

Nötig sind darauf aufbauend also die Ausweitung und Optimierung der heute bereits im kombinierten Verkehr genutzten Produktionsprozesse: Durch die konsequente Trennung von Waggon und Ladungsaufbau entfällt der Zugbildungsprozess im laufenden Betrieb vollständig, stattdessen ist die Einrichtung eines Gütertaktverkehrs mit den in festen Einheiten und bestimmter Anzahl an Modulstellplätzen verkehrenden Güterzügen möglich, auf denen sich Speditionen und Kunden Plätze für eigene oder gemietete Module buchen können.

Unter der Voraussetzung infrastruktureller Anpassungen ermöglicht dieses Vorgehen eine Produkterstellung, wie sie auch im Personenverkehr üblich ist: Güterzüge können in einem Fahrplannetz mit einer gewissen Anzahl an buchbaren Gütermodulladeplätzen zwischen Start- und Zielbahnhöfen mit Zwischenhalten und Umlademöglichkeiten für die Lademodule verkehren. Ähnlich wie im Personenverkehr eine Sitzplatzreservierung buchen die Kunden einen oder mehrere Stellplätze für die Module auf einer Fahrplanverbindung mit Zu-, Um- und Entladung bis zum Zielort.

Ich möchte das hier nochmal genauer für die einzelnen Teilaspekte Fahrzeuge, Infrastruktur und Betrieb skizzieren.

Teilbereich Fahrzeuge und Module

Derzeit werden nach dem internationalen Eisenbahnverband (UIC) mehrere verschiedene Wagengattungen klassifiziert. Dabei gibt es derzeit 13 gängige Gattungen für unterschiedlichste Güterarten. Jeder dieser Wagengattungen verfügt über eine Vielzahl verschiedenster Unterarten und Sonderbauformen, beispielsweise Schiebewandwagen, Schüttgutwagen, Drehgestell-Flachwagen für Coils, Flachwagen, Containertragwagen, Autotransportwagen usw. Für all diese Einsatzzwecke gilt es, standardisierte Module zu entwickeln, die ISO-Containermaßen entsprechen und somit auf Containertragwagen, Schiffe sowie auf Containerauflieger für LKW gesetzt werden können.

Orientierung für weitere Entwicklungen sollte hierbei die Wagengattung S sein, die Flachwagen mit offener Ladefläche umfasst und als Behälter- und Containertragwagen genutzt wird. Aufbauend auf diesen Containertragwagen müssen standardisierte Gütermodule entwickelt werden, die auf ISO-Containermaßen basieren und sich für einen schnellen und einfachen Umschlagvorgang, sowohl mit Kränen als auch mit Seiten- oder Frontalstaplern eignen.

Die Gütermodule für den kombinierten Verkehr ersetzen einerseits die bisher genutzten Spezialgüterwaggons, andererseits müssen sie auch in Konkurrenz zum LKW treten können. Das heißt, es muss auch Module geben, die sich an bereits heute im Straßenverkehr genutzten Ladebehältern orientieren.

Module mit Schiebeplanen für die Beladung mit unterschiedlichsten Gütern analog zu Tautlinern könnten entwickelt werden, die aufgesetzt auf ein Containerauflieger per LKW weitertransportiert werden könnten. Darüber hinaus ist die Erarbeitung von speziellen Modulen für Großkunden denkbar, so könnten zum Beispiel Postmodule entwickelt werden, die zur Feinverteilung vom Zug direkt auf die Ladefläche des Postfahrzeugs umgeschlagen werden könnten.

Beispielillustration von zwei Modultragwagen mit Beispielskizzen verschiedener Gütermodule (Klicken zum Vergrößern).

Mit den heute genutzten Containern und Wechselbrücken existiert ein solches Verfahren bereits in den Grundzügen. Auch der Güterwagen müsste nicht völlig neu konstruiert werden, sondern existiert als Containertragwagen bereits. Lediglich die Gütermodule für unterschiedlichste Güterarten müssten neu entwickelt werden.

Sie sind aber viel flexibler auf verschiedenen Verkehrsträgern einsetzbar als die heute genutzten unzähligen verschiedenen Güterwagenarten. Die Zugangshürde zum Markt ist also deutlich niedriger, die Nutzung der Module viel flexibler. Auch für geringere Mengen an zu transportierenden Gütern würde es sich lohnen, sich solche Module anzuschaffen. Zumal man damit auch nicht nur auf den Transport per Schiene angewiesen ist, sondern sie je nach Bedürfnissen auch per LKW transportieren kann.

Aufbauend auf diesem modularen Konzept könnte das Verfahren des kombinierten Verkehrs deutlich ausgeweitet werden. Ich möchte betonen, dass die hier gezeigten Bilder nur Skizzen zur Illustration der Idee sind und keine fertigen Konstruktionszeichnungen. Es gibt hier sicher je nach zu transportierendem Gut bestimmte Restriktionen zu berücksichtigen, die in den Abbildungen hier nicht berücksichtigt sind. Für einige Güterarten ist die Länge der 40-Fuß-Container möglicherweise nicht ausreichend. Hier müssten möglicherweise Anpassungen vorgenommen werden.

Teilbereich Infrastruktur

Auch für die Umschlagsbahnhöfe existiert die dafür nötige Infrastruktur in den Grundzügen bereits und muss nicht gänzlich neu entwickelt werden. Es ist zu unterscheiden zwischen zwei Arten: Umschlagsknoten und den kleineren Güterverkehrshalten in der Flächen.

Umschlagsknoten

Zunächst die größeren Umschlagsknoten: Da das Konzept auf der schrittweisen Ausweitung des kombinierten Verkehrs beruht, sind die dafür benötigten grundlegenden Infrastrukturelemente bereits vorhanden und erprobt. Die dafür nötigen Umschlagsbahnhöfe in den größeren Knoten existieren bereits in Form der Umschlagterminals der DUSS GmbH oder anderer Betreiber.

Der Umschlag der Lademodule auf andere Verkehrsträger beziehungsweise auf andere Güterzüge ist dort also bereits heute mit bestehender Technik möglich. Bei einem konsequenten Umstieg auf ein modularisierten Schienengüterverkehr müssten diese Anlagen lediglich ausgebaut werden. Das Konzept des kombinierten Verkehrs wird demnach lediglich erweitert und auf alle zu transportierenden Güterarten übertragen.

In den größeren Städten mit erhöhter verkehrlicher Bedeutung kommen dabei Knotenbahnhöfe in Betracht, auf denen der Umschlag auf andere Verkehrsträger, aber insbesondere auch auf andere Fahrplangüterzüge erfolgt. An diesen Bahnhöfen steigen die Module sozusagen aus oder um, um ihr Ziel zu erreichen. Sie sind der Ersatz für die bisher nötigen kostenintensiven und zeitraubenden riesigen Zugbildungsanlagen, die im ersten Beitrag angeschnitten wurden.

Das Bild zeigt eine Panoramaaufnahme des DUSS-Terminals für den kombinierten Verkehr in Duisburg.
Die Umschlagsinfrastruktur in den größeren Knoten existiert bereits in den Grundzügen. Man stelle sich vor, auf dem Bild würden nicht nur Wechselbrücken, Container und Tankcontainer umgeschlagen, sondern verschiedenste Gütermodule. Bildquelle: DB Netze.
Güterverkehrshalte in der Fläche

Um wieder vermehrt Kunden in der Fläche zu erreichen, braucht es neben diesen größeren Umschlagsknoten aber auch vermehrt Güterverkehrshalte in der Fläche: Entlang der Hauptrelationen zwischen den übergeordneten Knoten müssten an geeigneten Standorten Ladestraßen zum Be- und Entladen der Module enstehen. Anbieten könnte sich das zum Beispiel dort, wo ohnehin bereits Güterüberholgleise existieren.

Da das Umschlagaufkommen an diesen Zwischenhalten voraussichtlich weniger stark ist als in den Knotenbahnhöfen, könnte hier auf teure Portalkraninfrastruktur verzichtet werden, sondern mit mobilen Fahrzeugen seitlich be- und entladen werden. Hierfür könnten sich zum Beispiel Reachstacker anbieten.

Um die sichere Be- und Entladung mit Seiten- oder Frontalstaplern sicherzustellen, müssen die Ladegleise ohne Oberleitung sein. Die wenigen hundert Meter im Ladegleis können jedoch bereits mit heutigem Stand der Technik von Zweikraftlokomotiven befahren werden, deren Einsatz im Masterplan Schienengüterverkehr ohnehin vermehrt gefördert werden soll.

Je nach Verkehrsaufkommen können die Ladegleise mit mehreren Ladefahrzeugen ausgestattet sein, um die Aufenthaltszeit des Zuges angepasst an das Transportaufkommen möglichst kurz zu halten. Entlang der Ladestraße können die Module dann nach erfolgter Be- und Entladen entweder direkt auf die LKW zum Weitertransport oder bis zur Abholung des Moduls in ein Zwischenlager transportiert werden. Von diesen kleineren Güterverkehrsbahnhöfen in der Fläche kann die letzte Meile der Module zum oder vom Empfänger im 30-50km Radius per LKW erfolgen.

Die Grafik zeigt eine Konzeptskizze eines Güterverkehrshalts in der Fläche anhand eines Luftbilds.
Beispielsskizze eines Güterverkehrshalts in ländlicher Region (Klicken zum Vergrößern). Neben bereits bestehenden Güterüberholgleisen wird ein zusätzliches Ladegleis errichtet, in dem mittels mobilen Ladefahrzeugen die Gütermodule be- und entladen werden. Die An- und Ablieferung des Vor- und Nachlaufs erfolgt über ein Zwischenlager per LKW.
In weniger als einer halben Minute ist das Ladegut vom Auflieger entladen. Anschließend wird es auf den Güterzug oder ins Zwischenlager verbracht.

Und so müsste man sich das Treiben in diesen Güterverkehrsstellen vorstellen. In diesem Beispielvideo werden zwar LKW be- und entladen, aber so in etwa könnte man sich die Entnahme von Tragmodulen in den Ladegleisen mit Reachstackern auch bei der Eisenbahn vorstellen.

Nur, dass eben im Konzept nicht nur Container so umgeschlagen werden, sondern alle Arten von Gütern in den unterschiedlichsten Tragmodulen, die auf den standardisierten Containermaßen basieren (siehe vorheriges Kapitel). Man sieht: Die Entnahme vom Auflieger (LKW oder Tragwagen des Zuges) dauert wenige Sekunden. Das Modul wird dann entweder erst ins Zwischenlager oder aber direkt auf den Güterzug verladen. Die Zugbildung entfällt, lediglich das Ladegut wechselt den Verkehrsträger.

Ich habe leider kein gutes Video mit einem Güterzug gefunden, dieses Verfahren ist aber mit solchen Maschinen auch bei der Eisenbahn gängige Praxis.

Teilbereich Betrieb

Die so umzusetzende konsequente Verwendung von Modultragwagen und Gütermodulen ermöglicht im Schienengüterverkehr neue Betriebskonzepte und Produktionsprozesse, die den Einzelwagenverkehr möglichst vollständig ersetzen sollen. Im Prinzip handelt es sich um ein Aufgeben des Einzelwagenverkehrs durch eine konsequente Weiterentwicklung und Ausweitung des bereits bestehenden Kombinierten Verkehrs. Nur, dass eben durch die Weiterentwicklung der Tragmodule nicht nur Container, Wechselbrücken und Tankcontainer transportiert werden können, sondern alle möglichen Arten von Gütern.

Da zum Hinzufügen oder Entfernen eines Ladeguts aus dem Zugverband nicht mehr der Waggon aus dem Zugverband entfernt oder hinzugefügt werden muss, sondern lediglich das Ladegut, entfallen nahezu sämtliche dafür nötigen Zugbildungs- und Rangiervorgänge. Deutlich schneller und einfacher als heute können so entlang des Streckenverlaufs Ladegüter zugeladen, entladen oder umgeladen werden. Und: Alles basiert auf demselben Flachwagen. Es müssen nicht mehr unzählige Güterwaggons vorgehalten werden, die nur für einen bestimmten Zweck genutzt werden können.

Das Betriebskonzept kann demnach derselben Logik folgen, wie sie im Personenverkehr üblich ist: Die als feste Einheiten mit einer bestimmten Anzahl an Ladeplätzen laufenden Güterzüge verkehren nach einem festen Fahrplan mit Knotenbahnhöfen, an denen der Umschlag auf andere Fahrplangüterzüge und auf andere Verkehrsträger möglich ist. Zusätzlich zu diesen Knotenbahnhöfen, in denen das Ladegut „umsteigt“, existieren die kleineren Zwischenhalte, an denen hauptsächlich der Umschlag auf andere Verkehrsträger (also in der Regel den LKW, aber natürlich auch z.B. Schiffe) möglich ist.

Analog zur Buchung eines Tickets im Personenverkehr ist die Buchung des Modulstellplatzes mit „Zustieg, Umstieg und Ausstieg“ auf dem im Taktfahrplan verkehrenden Güterzügen möglich. Auf dieser Basis können verlässliche Verbindungen angeboten werden. Wem die zu transportierenden Module gehören, könnte dem Markt überlassen sein. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen stellt dann lediglich das Fahrplanangebot mit den Modulstellplätzen. Aber auch andere Organisationsformen wären denkbar.

Da der zeitaufwendige und teure Zugbildungsprozess entfällt (wir erinnern uns an den ersten Teil des Beitrags, bis zu 12 Stunden für die Zusammenstellung eines Zuges und das ohne wagentechnische Behandlung, Bremsprobe etc.), können die eingesparte Zeit und Ressourcen für Zwischenhalte an Ladegleisen entlang der Strecke genutzt werden. Statt ewig am Rangierbahnhof behandelt zu werden, ist der Zug auf der Strecke und hält in regelmäßigen Abständen an den oben skizzierten Güterverkehrshalten an. Dort werden die Module be- und entladen für den Vor- bzw. Nachlauf.

Durch die Einführung der Zwischenhalte im Netz kann der Schienengüterverkehr wieder vermehrt die Fläche erreichen und kommt daher wieder näher an die Versender und Empfänger. Auch wenn die Güterverkehrshaltestellenabstände vermutlich größer zu wählen sein werden als im Personenverkehr, sollten das Haltestellennetz doch engmaschig genug sein, um den Vor- und Nachlauf in einem 30-50km-Radius um die Haltstellen per LKW zurückzulegen.

Die Güterverkehrshalte in ländlichen Regionen können somit als Start beziehungsweise Endpunkt für den Vor- und Nachlauf in der Fläche dienen. Bei einem Radius von 50 Kilometern für den Vor- und Nachlauf könnten mit wenigen Güterverkehrshalten entlang der Hauptrelationen an Orten mit bereits heute vorhandenen Überholgleisen eine hohe Abdeckung erreicht werden.

Die Abbildung zeigt beispielhaft eine Karte Nordostdeutschlands mit zwei übergeordneten Umschlagsbahnhöfen in Hamburg und Berlin und mehreren kleineren Güterverkehrshalten entlang der Eisenbahnstrecken Nordostdeutschlands.
Beispielillustration für ein Netz von übergeordneten, größeren Umschlagsbahnhöfen und Güterverkehrshalten in der Fläche (klicken zum Vergrößern). Der Vor- und Nachlauf mit dem LKW in einem 50-km-Radius um die Güterverkehrshalte könnte im bestehenden Eisenbahnnetz weite Teile der Republik abdecken und so wieder Kunden in der Fläche erreichen. Die Umschlagsbahnhöfe sind an den bereits bestehenden DUSS-Terminals verortet, die Güterverkehrshalte in der Fläche liegen an Orten mit bereits bestehenden Güterüberholgleisen.

Für die Halte in den Zwischenstationen sind je nach Umschlagaufkommen sinnvolle Regelhaltezeiten zu wählen, gleiches gilt für die Halte in den Knotenbahnhöfen. Dabei sind sicherlich längere Fahrt- und Regelhaltezeiten als im Personenverkehr nötig, dennoch sollten in den Bahnhöfen in der Fläche maximal 10-20 Minuten Aufenthaltszeit zur Be- und Entladung angestrebt werden.

Eigene Beobachtungen im Hamburger Hafen ergaben, dass der Zeitaufwand des Be- beziehungsweise Entladens eines einzelnen Containers per Portalkran auf einen Containertragwagen eine Bandbreite von ungefähr 80-120 Sekunden aufweist (Zeit zwischen Absetzen eines Containers, Greifen des nächsten Containers und Absetzen dieses nächsten Containers). Bei Bereitstellung von zwei Ladefahrzeugen in einem ländlichen Güterverkehrshalt wären bei einer Haltezeit von 15 Minuten demnach bereits 14 bis 22 Modulbewegungen möglich.

Chancen und Probleme des Konzepts

Es ist natürlich nur eine grobe Vision für die Zukunft des Schienengüterverkehrs, aber ich sehe hier viele Vorteile.

Vorteil 1: Weniger Kapitalbindung und Marktzugangshürden durch Vermeidung von Spezialgüterwaggons

Heute gibt es für jede Güterart speziell angefertigte Güterwagen. Dies ist sehr teuer und unflexibel, da sie enorm viel Kapital binden und dennoch nur äußerst unflexibel für einen bestimmten Einsatzzweck genutzt werden können. Ein Wettbewerb im Einzelwagenverkehr ist so kaum möglich. Es ist nur für wenige Akteure möglich, den nötigen Bestand an Güterwagen für den Einsatzzweck vorzuhalten. Oft ist das Rollmaterial daher gemietet, teilweise gehört es auch den Versendern selbst.

Letztlich ist dieses System jedoch sehr starr, bindet enorm viel Kapital und erschwert den Marktzugang. Im modularen System entfällt dieser Nachteil überwiegend, da mit dem Flachwagen für den Modultransport nur noch eine Wagengattung nötig ist. Durch das modulare System können alle Arten von Gütern in den entsprechenden Modulen auf den Flachwagen genutzt werden.

Die Module selbst sind ebenso flexibel auf allen Verkehrsträgern einsetzbar und können vom Eigentümer nicht nur für den Schienengüterverkehr, sondern auch im Seeverkehr oder Straßenverkehr eingesetzt werden. Spediteure und Kunden erlangen so eine deutlich höhere Flexibilität und geringere Hürden zum Schienengüterverkehr.

Vorteil 2: Vermeidung der Zugbildung

Da die Ladungsträger nicht mehr die einzelnen Güterwagen, sondern die auf ihnen beförderten Module sind, entfällt der Zugbildungsprozess. Dies bietet eine ganze Reihe von Vorteilen:

  • Zeitersparnis: es ist zeitsparend, da die Zugbildung selbst und alle mit ihr verbundenen Zeitanteile weitestgehend entfallen
  • Infrastrukturersparnis: es spart die für die Zugbildung nötige Infrastruktur und deren Wartung (die riesigen Rangierbahnhöfe)
  • Querfinanzierung: die riesigen Flächen der Rangierbahnhöfe werden nicht mehr benötigt und können je nach Lage anderweitig genutzt werden, zum Beispiel als Konversionsflächen für städtische Innenentwicklung oder der Renaturierung zugeführt werden
  • Personalersparnis: es spart das für die Zugbildung nötige Personal, sowohl was Zugbildung selbst als auch Wartung und Instandhaltung der Anlagen angeht

Zusammenfassend könnte ich mir vorstellen, dass durch all diese Aspekte durch den Entfall der Zugbildung enorm Zeit, Personal, Infrastruktur und letztlich Kosten eingespart werden können und den Kunden somit ein deutlich attraktiveres Angebot gemacht werden kann.

Vorteil 3: Keine grundsätzlichen Neuentwicklungen nötig, sondern aufbauend auf bereits bestehenden Produktionsprozessen

Da das Konzept des modularen Schienengüterverkehrs in den Grundzügen bereits existiert und keine komplett neue Infrastruktur geschaffen werden muss, ist der baulich-infrastrukturelle Aufwand vergleichsweise gering. Darüber hinaus eignet sich das Konzept für eine schrittweise Einführung.

Die Umschlagsbahnhöfe in den Knoten existieren teilweise bereits, sie würden in Zukunft mit der bereits bestehenden Technik über Container, Tankcontainer und Wechselbrücken hinaus lediglich auch die Module der anderen Güterarten umschlagen. Auch wenn hier möglicherweise mit zunehmendem Erfolg des Konzepts Kapazitätsanpassungen nötig werden (für die Teile der Flächen von aktuellen Zugbildungsanlagen genutzt werden könnten), sind keine aufwendigen und teuren Neuentwicklungen nötig.

Für den Aufbau der Ladegleise in der Fläche könnte geprüft werden, ob in der ersten Phase der Umstellung bereits existierende Güterüberholgleise genutzt werden können. Güterzüge haben dort bereits heute häufig längere Aufenthaltszeiten wegen Überholungen des Personenverkehrs. Voraussichtlich müssten hier aber zusätzliche Ladegleise geschaffen werden.

Zudem ist dort voraussichtlich der Einsatz von dezentralen und mobilen Ladefahrzeugen ausreichend, für die bis auf die asphaltierte Ladestraße keine aufwendige und kapitalbindende Infrastruktur nötig ist. Durch das Aufbauen auf einem bereits bestehenden System verringert sich zudem der Zeitraum, den das Konzept bis zur Umsetzung bräuchte. Letztlich könnte mit Einführung der Gütermodule bereits zwischen den heute schon existierenden Umschlagbahnhöfen mit einem Linienverkehr begonnen werden und die Ladegleise in der Fläche schrittweise ergänzt werden.

Vorteil 4: Erreichbarkeit und Attraktivität für die Kunden

Da durch das System enormes Kapitel in Form von Infrastruktur, Personal und Zeit eingespart werden kann, können wieder vermehrt Ladegleise in der Fläche und somit näher zu Versendern und Empfängern errichtet werden (siehe Karte oben).

Der getaktete Güterverkehrsfahrplan mit den einfach buchbaren Ladeplätzen für die Module ermöglicht den Kunden zudem auch in ländlichen Regionen ein einfaches, verlässliches und transparentes Angebot für geringere Transportaufkommen. Auch wenn ich nur geringe Mengen zu versenden habe, kann ich je nach Ziel für mein Modul wahlweise den LKW nutzen oder aber auch einen Stellplatz auf dem Taktgüterzug buchen.

Auch den Marktzugang stelle ich mir einfacher vor. Das Konzept ist deutlich besser für intermodale Transportketten geeignet. Ein deutschlandweit agierendes Speditionsunternehmen kann im Prinzip mit einer Handvoll LKW samt Fahrpersonal bundesweite Transporte anbieten, da das Fahrpersonal nur noch im 50 km Radius den Vor- und Nachlauf zu den Güterverkehrshalten organisieren muss. Dort wird die Ladung dann vom Bahnpersonal auf den gebuchten Modulplatz im Fahrplangüterzug verladen und dann zu dem Ziel nächstgelegenen Güterverkehrshalt transporiert, von wo aus der Nachlauf erfolgt. Möglicherweise wird die Transportkette auch mit Abholung und Anlieferung aus einer Hand vom Bahnunternehmen angeboten, das dann die letzte Meile mit übernimmt.

Vorteil 5: Nachhaltigkeit

Da der Transport per Schiene überwiegend auf elektrifizierten Strecken erfolgt, ist der Transport deutlich weniger CO2-intensiv als der LKW-Transport. Darüber hinaus ist durch die entstehenden Ladegleise in der Fläche mit deutlich kürzerem Vor- und Nachlauf auf der Straße zu rechnen, die in vielen Fällen 50 Kilometer nicht überschreiten dürften.

Bis zur Umsetzung des Konzepts sind solch geringe Entfernungen möglicherweise bereits für den Einsatz von elektromobilen oder wasserstoffbasierten LKW auf der letzten Meile bis oder vom Empfänger/Versender geeignet. Eine vollelektrische und damit nachhaltigere Transportkette ist somit grundsätzlich möglich.

Vorteil 6: Konkurrenzsituation zum LKW

Die hier skizzierte Stärkung des kombinierten Verkehrs durch einen auf Gütermodulen basierenden Schienengüterverkehr ohne Zugbildungsprozesse und vermehrten Ladegleisen in ländlichen Regionen zielt insbesondere darauf ab, auf die geänderte Marktlage im Logistiksektor zu reagieren. Es bietet insbesondere Verbesserungen für das immer relevanter werdende Transportsegment von kleineren Einheiten von Stückgütern.

Der Ganzzugverkehr für bahnaffine Güter bleibt weitestgehend unberührt. Er kann in bisheriger Form weiterlaufen, ohne vom modularen Schienengüterverkehr beeinträchtigt zu werden. Eine Kannibalisierung des Ganzzugverkehrs ist daher eher unwahrscheinlich, während durch den modularen Schienengüterverkehr Marktanteile vom LKW zurückgewonnen werden könnten. Genau das, was das politische Ziel ist.

Man müsste es nur ernst meinen und statt weiter Autobahnen und Fernstraßen zu finanzieren schlicht den Ausbau des Bahnnetzes finanzieren und Anstoßfinanzierungen für die Umsetzung dieses Konzepts anstoßen.

Vorteil 7: Synergieeffekte bei umfassender Förderung des Schienengüterverkehrs

In Verbindung mit dem seit Jahrzehnten von der Politik propagierten Ziel, die Schiene zu stärken, bietet das Konzept erhebliches Potential, wenn es mit anderen bereits avisierten Maßnahmen zur Stärkung des Schienengüterverkehrs kombiniert wird. Gleisnetzausbau, Digitalisierung der Gütermodule, Automatisierung des Verkehrs auf der Schiene, verbesserte Rahmenbedingungen durch verringerte Trassenpreise bei gleichzeitiger Erhöhung der LKW-Maut und weitere, ähnliche Maßnahmen können in Verbindung mit dem modularen Schienengüterverkehr erst voll zur Geltung kommen.

Die Überwindung des Zugbildungsprozesses stellt als notwendige Bedingung die Grundlage für einen erfolgreichen und wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr für den Logistikmarkt der heutigen Zeit dar. Werden die im Masterplan Schienengüterverkehr angedachten Maßnahmen ohne grundlegende Reform der Produkterstellung im Schienengüterverkehr umgesetzt, werden sie den weiteren Niedergang des Schienengüterverkehrs vermutlich nicht aufhalten können.

Denn die grundlegende Ursache der Wettbewerbsnachteile des Schienengüterverkehrs bliebe von ihnen unberührt, wie ich im ersten Teil des Beitrags bereits ausführlich erläuterte. Der modularisierte Schienengüterverkehr in Kombination mit den bereits heute von der Politik angedachten Maßnahmen zur Verbesserung des Schienengüterverkehrs bietet jedoch hohes Potential, Güterverkehre vermehrt von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Gleichzeitig stellt eine so umfassende Reform des Schienengüterverkehrs auch massive Probleme und offene Fragen in Aussicht, die einer Umsetzung des Konzepts entgegenstehen können.

Problem 1: Kapazitätsengpässe im Schienennetz

Bereits heute ist das deutsche Schienennetz in weiten Teilen bis an die Grenze ausgelastet. Durch den massiven Rückbau der vergangenen Jahrzehnte sind kaum noch Reserven für weiteren Schienenverkehr im Netz vorhanden. Zwar wird ein Ausbau des Netzes immer wieder debattiert, die Planungs- und Bauprozesse sind jedoch äußerst langwierig. Und am Ende wird dann doch bei der Bahn statt bei der Autobahn gespart.

Mit kurz- bis mittelfristigen Verbesserungen ist daher nicht zu rechnen. Um die in diesem Konzept angestrebten Verlagerungen von der Straße zur Schiene zu erreichen und tatsächlich verlässliche Gütertaktfahrpläne anbieten zu können, wäre vermutlich ein massiver Ausbau des Schienennetzes unabdingbar. Voraussichtlich wären eigene Trassen für den Güterverkehr oder ein flächendeckender viergleisiger Ausbau der Hauptmagistralen zwischen den großen Umschlagsbahnhöfen nötig, um für die zu erwartenden steigenden Verkehre eine hohe betriebliche Stabilität garantieren zu können.

Problem 2: Regularien und Normen

Die Sicherheitsanforderungen und Regularien im Eisenbahnsektor im Allgemeinen und auch hinsichtlich des Rollmaterials sind enorm hoch. Hierbei müsste daher intensiv geprüft werden, wie sich die zu entwickelnden Gütermodule und die Modultragwagen innerhalb dieses regulatorischen Rahmens einbinden lassen beziehungsweise ob und wie bestehende Regelwerke angepasst werden müssten. Leider habe ich zu wenig Ahnung davon, um mich dazu tiefer äußern zu können.

Problem 3: Wer stößt die Reform an?

Letztlich gibt es bei diesem Konzept ein klassisches Henne-Ei-Problem: Die bestehende Infrastruktur ist bisher auf komplizierte Zugbildungen im Einzelwagenverkehr ausgelegt, teilweise wurden die Anlagen (wie zum Beispiel Maschen) auch in den letzten Jahren erst umfassend und teuer erneuert. Ohne den entsprechenden Aufbau an Ladeinfrastruktur entlang der Strecke in der Fläche und der Entwicklung der Gütermodule kann den Kunden aber auch kein Angebot gemacht werden.

Es bleibt daher die Frage, wie und durch welchen Akteur das Konzept umfassend und systematisch initiiert werden sollte. Denkbar wären regulatorische und infrastrukturelle Impulse von staatlicher Seite. Der Staat bzw. das staatliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Form der Deutschen Bahn und ihren Tochtergesellschaften könnten die nötige Infrastruktur wie Gleisnetz und Umschlagsinfrastruktur schaffen. Diese könnten dann von anderen Akteuren gegen Entgelt genutzt werden. Es sind aber auch andere Organisationsformen möglich.

Denkbar wäre ein Pilotprojekt mit betrieblichem und infrastrukturellem Probebetrieb entlang einer oder weniger fest definierten Relationen, um die Praxistauglichkeit des Konzepts zu überprüfen.

Es braucht aber auch die Einsicht auf Seiten der im Schienengüterverkehr tätigen Unternehmen, dass man mit einem über 200 Jahre alten Grundprinzip heutzutage keinen Blumentopf mehr gewinnt. Der Bahnsektor ist generell eine sehr träge Branche. Hier muss auf jeden Fall ein Umdenken stattfinden. Wer nicht begreift, dass man den Schienengüterverkehr grundsätzlich neu denken muss, sondern weiter im bestehenden System agieren will, schadet ihm.

Fazit

Ich glaube, die von der Politik geforderte Verlagerung von Verkehren kann nur gelingen, wenn die grundlegenden Produktionsprozesse im Einzelwagenverkehr in Frage gestellt werden. Wie die Ausführungen darlegen, ist der Einzelwagenverkehr in seiner jetzigen Form für die heutigen Erfordernisse im Logistikmarkt ungeeignet und nicht mehr zukunftsfähig. Über kurz oder lang wird er auch trotz Maßnahmen wie fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung gegenüber dem LKW nicht wettbewerbsfähig werden.

Die von der Politik gewünschte Verlagerung von Verkehren auf die Schiene ist nur möglich, wenn der kombinierte Verkehr massiv ausgebaut und gefördert wird und dabei ein alle Güterarten abdeckendes modulares Konzept flächendeckend vorangetrieben wird. Nur so kann die Ursache für die grundlegenden Wettbewerbsnachteile der Schiene, der teure und zeitaufwendige Zugbildungsprozess, überwunden werden und ein marktgerechtes Transportprodukt im Schienengüterverkehr angeboten werden.

Somit können die Nachteile des Einzelwagenverkehrs behoben werden und eine Reihe von Vorteilen zu einem wettbewerbsfähigeren Schienengüterverkehr insbesondere für die Transportanforderungen der heutigen Zeit herbeigeführt werden:

  • der Marktzugang ist durch die flexibel einsetzbaren Gütermodule deutlich niedrigschwelliger, da keine Flotte von kapitalintensiven und unflexibel einsetzbaren Spezialgüterwaggons vorgehalten werden muss
  • die Ladegutaufbauten eignen sich deutlich besser für intermodale Transportketten, so dass die Vorteile verschiedener Verkehrsträger in der komplexen Transportkette genutzt werden können
  • Durch den Einsatz von festen Einheiten von Streckenlokomotiven mit bestimmter Anzahl an Modulstellplätzen entfällt der Zugbildungsprozess weitestgehend, ich erwarte daher:
    • weniger Zeitbedarf
    • weniger Personalbedarf
    • weniger Infrastrukturbedarf
  • und damit auch ein günstigeres und schnelleres Angebot für die Kunden
  • das Konzept baut auf bestehender Infrastruktur und Funktionsprinzip auf – es sind abgesehen von den Gütermodulen keine grundlegenden technischen Neuentwicklungen nötig, erste Pilotprojekte auf einzelnen Netzabschnitten sind mit geringen Anpassungen möglich, im Erfolgsfall ist das Konzept leicht skalierbar
  • vergleichsweise einfache und schnelle Errichtung von Ladeinfrastrukturen in ländlichen Gebieten möglich, damit Erschließung neuer Kunden, die zur Zeit vom Schienengüterverkehr abgehängt sind
  • durch Rückbau, Verkauf und Konversion von stadtnahen Zugbildungsanlagen bietet sich eine gute Querfinanzierung der nötigen infrastrukturellen Anpassungen an

Ich könnte mir vorstellen, dass mit diesem Konzept der Schienengüterverkehr wieder konkurrenzfähiger gegenüber dem Verkehrsträger Straße werden könnte. Die Grundidee bedarf jedoch weiterer und detaillierter Prüfung und Ausarbeitung. Ich bin wie gesagt kein Experte für den Schienengüterverkehr und habe auch keine Praxiserfahrung als Logistiker. Es ist durchaus denkbar, dass ich hier bei dieser Vision einen ganz groben Denkfehler drin habe und irgendetwas völlig vernachlässigt habe, wodurch das ganze Konzept zusammenfällt. Sollte dem so sein, freue ich mich über einen Hinweis.

Man müsste vielleicht auch mal detailliert konventionellen Reiseketten im Einzelwagenverkehr mit theoretischen Reiseketten im hier skizzierten modularen kombinierten Verkehr hinsichtlich Zeit und Kosten vergleichen. Dafür fehlt mir die Zeit und die Erfahrung der Branche. Es gibt natürlich auch noch eine ganze Reihe weiterer offener Fragen. Zum Beispiel was die Entwicklung der Gütermodule angeht. Wer könnte das machen? Wie ist das organisiert und wie sind die Eigentümerstrukturen? Das sind alles Punkte, die in einem so frühen Stadium noch völlig offen sind und weiter weiter vorangetrieben werden müssten.

Da der Ganzzugverkehr für bahnaffine Güter bisher relativ gut am Markt funktioniert, sollte der Schwerpunkt wohl zunächst auf die Entwicklung von Modulen für nicht bahnaffine Güter gelegt werden, so zum Beispiel auf Tautlinern für verschiedene Güterarten, die problemlos auch auf LKW-Aufliegern transportiert werden könnten.

Ich möchte abschließend betonen, dass ich kein Experte für den Schienengüterverkehr bin. Ich habe mich in diesem begrenzten Rahmen mit dem Thema beschäftigt und bin dabei zu den hier niedergeschriebenen Schlüssen gekommen. Die Problemanalyse scheint mir aber plausibel zu sein.

Die Lösung ist eine darauf aufbauende grob skizzierte Vision. Dass das nicht von heute auf morgen umsetzbar ist, ist klar. Es ist durchaus möglich, dass derzeit regulatorisch-organisatorische Gründe gegen diese Lösung sprechen oder aber es überhaupt am Bedarf der Logistikdienstleister am Markt vorbeigeht. Damit kenne ich mich letztlich zu wenig aus. Sollte dem so sein, freue ich mich wie immer über eine Rückmeldung mit Erläuterung und Begründung.

Es ist ein Beitrag zum Gedanken anregen, nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich ergänze hier gerne, wenn plausible Argumente gegen meine Ansichten sprechen. An der grundsätzlichen technischen Machbarkeit sollte diese Zukunftsvision jedenfalls nicht scheitern. Aber auch hier lasse ich mich gerne eines besseren belehren.

Sollte es nur an regulatorisch-organisatorischen Gründen liegen, die solch eine Lösung verhindern, könnte bzw. sollte über eine Änderung der Regularien nachgedacht werden. Das kann ich aber nicht einschätzen. Ich möchte hier nur einen neuen Ansatz vorstellen und als Gedankenspiel oder meinetwegen auch als Vision für die Zukunft des deutschen und europäischen Schienengüterverkehrs in die Diskussion bringen. Wie in den anderen Beiträgen auf dieser Seite, denke ich hier einfach laut, und alle anderen sind herzlich eingeladen mitzudenken und mit guten Argumenten sachlich in den Austausch zu gehen.

Trotz aller offener Punkte: Selbst wenn die Vision sich möglicherweise als nicht praxistauglich erweisen sollte, weil ich irgendwas nicht bedacht habe, kann der Beitrag ja vielleicht wenigstens ein Denkanstoß sein. Dass die Zugbildungsprozess ein enormer Hemmschuh für die Konkurrenzfähigkeit der Schiene gegenüber der Straße darstellt und auch die kommenden Verbesserungen hinsichtlich Digitalisierung und Automatisierung daran wenig ändern werden, halte ich zumindest für recht plausibel dargelegt (siehe den ersten Teil des Beitrags). Vielleicht kann das ja Ausgangspunkt für andere Visionen sein.

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