Meine Planungsphilosophie

Städtische Verkehrsräume nachhaltiger und lebenswerter zu gestalten ist meine Leidenschaft, insbesondere in der Stadt, in der ich lebe – Hamburg. Ich bin der Überzeugung, dass nur eine interdisziplinäre Sicht auf städtische Mobilität die Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungsansprüchen des städtischen öffentlichen Raums in Einklang bringen kann. Dafür muss man diese Nutzungsansprüche allerdings zum Ersten überhaupt erstmal kennen und zum Zweiten dann auch noch verstehen. Diese Webseite soll dazu dienen, dieses Verständnis zu fördern, weil ich den Eindruck habe, dass es auch heute noch sehr oft fehlt.

Denn ein Großteil der städtischen Verkehrsplanung ist nach wie vor von Bauingenieuren dominiert, die trotz vieler Qualitäten häufig immer noch einen auf die technisch-verkehrlichen Aspekte beschränkten Blick auf städtische Mobilität haben. Nichts gegen Bauingenieure, ich meine das gar nicht despektierlich – sie sind super für den Verkehrswegebau, um die Ausführungsplanung einer Straße zu erarbeiten. Ich habe auch im Kollegium fantastische Menschen mit Bauingenieurabschluss, die einen sehr vielseitigen Blick auf städtischen Verkehr haben. Aber, ohne hier irgendwem zu sehr auf die Füße treten zu wollen: Häufig fehlt im Studium des Bauingenieurwesens die Tiefe und das Wissen für den Entwurf und die Konzeption einer Stadtstraße bzw. eines ganzheitlichen städtischen Verkehrssystems, das alle Nutzungen und Verkehrsträger umfassen muss.

Aspekte, die über die technischen Belange hinausgehen, seien es soziale oder ökologische, sind im Lehrplan eines Bauingenieurstudiums meiner Erfahrung nach häufig unterrepräsentiert. Das ist gerade in der städtischen Verkehrsplanung problematisch. Denn eine Stadtstraße ist keine Autobahnbrücke, bei der ganz klar die verkehrlich-technische Funktion dominiert. Eine Stadtstraße erfüllt deutlich mehr Funktionen als allein eine verkehrlich.

Es ist meiner Meinung nach ein bisschen, wie beim Hausbau: In der Regel konzipiert die Architektur das Gebäude, die Umsetzung plant das Bauningenieurwesen. Was den öffentlichen Raum in der Stadt angeht – nichts anderes sind Stadtstraßen nunmal – macht fast immer beides das Bauingenieurwesen, obwohl der Lehrplan fast ausschließlich für die technischen Aspekte und die Bauausführung ausbildet.

Kaum jemand käme auf die Idee, wichtige öffentliche Gebäude wie eine Bibliothek, eine Schule, einen Flughafen oder auch Gebäude wie die Elbphilharmonie von Bauingenieuren entwerfen und konzipieren zu lassen. Was unseren öffentlichen Raum, die Stadtstraßen, angeht, ist das der Standard. Das ist meiner Ansicht nach auch einer der wesentlichen Gründe, warum Stadtstraßen oft sehr einseitig und monofunktional sind.

Städtische Verkehrsplanung muss meiner Meinung nach immer tief im öffentlichen Raum und der spezifischen Situation und Lebensatmosphäre der jeweiligen Stadt verankert sein. Dafür ist es meiner Meinung nach essentiell, zu verstehen und zu verinnerlichen, dass Verkehr in erster Linie ein soziales Phänomen ist, und nicht nur ein technisches und schon gar kein natürliches.

Leider werden verkehrsplanerische Themen aber immer noch so diskutiert, als wäre Verkehr (und damit sind meist auch nur Autos gemeint) eine gottgegebene Naturkonstante, mit der wir umgehen müssen und die wir technisch organisieren und optimieren müssen.

Das erkennt man zum Beispiel daran, dass wir immer – nicht nur umgangssprachlich, sondern auch in der Fachsprache – davon sprechen, dass der Verkehr (d.h. meist: die Autos) „fließen“ muss, obwohl er ja genauergenommen fährt oder rollt. Sprachliche Anleihen aus der Siedlungswasserwirtschaft gibt es in der Verkehrsplanung zuhauf. Aber so sehr wir auch so tun als ob: Verkehr ist kein Starkregenereignis und wir betreiben hier keine Siedlungswasserwirtschaft, wo sich wirklich mit natürlichen Phänomenen und fließenden Strömen beschäftigt wird. Verkehr ist ein Ergebnis von Millionen täglicher individueller Entscheidungen von Menschen darüber, wie oft, wie weit und lange und wohin sie sich mit welchen Verkehrsmitteln bewegen wollen.

Im Prinzip ist das Ergebnis dieser täglichen Entscheidungen der wahre Ausgangspunkt jeder verkehrsplanerischen Tätigkeit. Mein Eindruck ist leider, dass das den wenigsten in der Verkehrsplanung tätigen Menschen bewusst ist. Der Fokus in den akademischen Ausbildungen liegt noch immer stark auf technischen Aspekten, Berechnungen und Richtlinienvermittlung. Was ja auch nicht verkehrt ist, man muss schon auch wissen, wie man eine Straße am Ende baulich umsetzen kann. Die soziale Komponente geht aber leider in den meisten Lehrplänen unter. Im Ergebnis glauben daher selbst viele Fachleute noch heute, dass die Ergebnisse einer Verkehrsnachfragemodellierung unumstößliche Wahrheiten darstellen oder dass man Stau durch den Bau von mehr Fahrstreifen bekämpft.

In den technischen Studiengängen fehlt also die soziale Komponente, während gleichzeitig die Zivilgesellschaft und die Sozialwissenschaften die fehlgeleitete Verkehrsplanung der letzten Jahrzehnte immer stärker in den Blick nimmt. Dies führt zu Konflikten und Verständigungsproblemen, und leider immer wieder auch zu nicht mehr zeitgemäßen Planungsergebnissen.

Ich will vor dem Hintergrund dieser Konflikte und Missverständnisse diese Webseite nutzen, um den Blick auf städtische Verkehrsplanung zu weiten und Dinge in ein anderes Licht rücken. Ob das wirklich von Erfolg gekrönt ist oder ich überhaupt die Zeit dazu finde – keine Ahnung. Versuchen wollte ich es zumindest. Im besten Falle hilft es auch mir, Dinge niederzuschreiben und somit Gedanken zu ordnen und zu dokumentieren. Und allein das lohnt sich ja schon, zumindest für mich. Wenn dann vielleicht auch noch andere dadurch auf interessante Gedanken kommen – umso besser. Darüber hinaus soll die Webseite auch ein bisschen meine Spielwiese werden, um eigene Projekte zu zeigen und anderen zugänglich zu machen.

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